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Graubünden fit halten – mit Daten und KI
Graubünden fit halten – mit Daten und KI

Graubünden fit halten – mit Daten und KI

Seit diesem Jahr hat Graubünden ein Institut für «Data Analysis, Artificial Intelligence, Visualization, and Simulation» mit einem vierfachen Leistungsauftrag: Ausbildung, Weiterbildung, Forschung und Dienstleistung. Gesundheit ist in fast allen Projekten ein zentrales Thema und umfasst die Prävention, das Monitoring, die Krebsforschung sowie die Verbesserung der klinischen Infrastruktur. Überall da, wo Daten anfallen, können diese mit der Expertise des Instituts auch ausgewertet werden – für den Nutzen Graubündens. 

Text: Helena Jambor / Abbildungen und Grafiken: FH Graubünden

Wie wird der Begriff «Gesundheit» definiert? Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beispielsweise versteht den Begriff umfassend: Gesundheit ist «ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur die Absenz von Krankheit oder Gebrechen». Es geht aber auch knapper: «Gesundheit ist die Abwesenheit von Krankheit.» In der Ökonomie dagegen wird Gesundheit als Zustand definiert, der die optimale Leistungsfähigkeit und die Erfüllung sozialer Rollen und Aufgaben ermöglicht. Und die Psychologie definiert Gesundheit als «persönliches Wohlbefinden und Abwesenheit von Störungen». Diese unterschiedlichen Definitionen zeigen, dass Gesundheit verschiedenste Dimensionen innerhalb der Gesellschaft umfasst und damit ein multidimensionales Konzept ist, das körperliche, psychische, soziale und funktionale Aspekte betrifft und damit über rein medizinische Themen hinausgeht.

Entsprechend breit gefächert sind demnach auch die Gesundheitsthemen, die am Institut für «Data Analysis, Artificial Intelligence, Visualization, and Simulation» (kurz DAViS) der Fachhochschule Graubünden bearbeitet werden. Sie reichen von der Stärkung der Gesundheit durch Fitness und Sport, der Erhaltung der Gesundheit durch optimale medizinische Versorgung, der Wiederherstellung der Gesundheit im klinischen Bereich bis hin zu unterstützenden Massnahmen für das Gesundheitssystem. Was zudem fundamental wichtig an einer Hochschule ist: Das Institut beteiligt sich auch an der Ausbildung von Studierenden, die im Rahmen mehrerer Studienangebote lernen, mit Gesundheitsdaten umzugehen und zukünftige Herausforderungen – in der Region und in der ganzen Schweiz – mitzugestalten.



Modernste Technologie im Leistungssport

Die Erhaltung der Gesundheit – auch Prävention genannt – ist das Hauptthema mehrerer Projekte. Prävention umfasst alle Massnahmen, die darauf abzielen, Krankheiten zu vermeiden, ihre Auswirkungen zu minimieren und insbesondere auch die allgemeine Lebensqualität zu verbessern. Dies ist beispielsweise mit Sport möglich. Graubünden als Region ist für seine vielfältigen Möglichkeiten im Sportbereich bekannt: aussergewöhnliche Wanderrouten, steile Bike-Trails, abwechslungsreiche Skipisten und gefrorene Seen für vielfältige Eissportarten sind nur ein paar Beispiele. So ist das DAViS-Institut Forschungspartner von Swiss-Ski und unterstützt die Schweizer Spitzenathletinnen und -athleten bei Weltcup- und WM-Rennen. 

Die Methoden der mathematischen Modellierung und der KI-basierten Entscheidungssysteme sind von konkretem Nutzen für den Spitzensport. Ein weiteres Projekt im Sportbereich beschäftigt sich mit Eckdaten im Eishockey: Hier geht es darum, aus gegebenen Leistungen während der absolvierten Trainingseinheiten auf die Verletzungsanfälligkeit der Eishockeyspielerinnen und -spieler zu schliessen.

Einsatz während der Pandemie

Die Aufgabe der Medizin wiederum ist die Wiederherstellung der Gesundheit. Sie umfasst damit die Diagnose, die Behandlung und die Heilung oder das Krankheitsmanagement. In der modernen, evidenzbasierten Medizin werden täglich Daten gesammelt, analysiert und ausgewertet. Alle haben dies während der Coronapandemie hautnah mitverfolgen können, als in noch nie dagewesenem Tempo die virologischen Grundlagen erforscht, die Evolution der Viren täglich öffentlich verfolgt, Medikamente und Impfungen entwickelt wurden und epidemiologische Kennzahlen auf Webseiten einsehbar waren. Das DAViS-Institut war hier gleich zweifach beteiligt, zum einen bei der Aufklärung der immunologischen Grundlage des Coronavirus, zum anderen beim Monitoring des Pandemiegeschehens in Kooperation mit dem Schweizerischen Institut für Allergie- und Asthmaforschung in Davos.

Mittels Abwassersequenzierung konnten verschiedene Virenstämme in Proben mittels Analyse der viralen Erbgutfragmente identifiziert werden. Hierfür wurden aus Abwasserproben Erbgutfragmente angereichert, chemisch beschrieben und dann mittels Datenbankabgleich einem Virusstamm zugeordnet. Dieser Datenbankabgleich ist algorithmisch einfach: Bereits 20 bis 30 der ca. 5 000 Bausteine des Viruserbguts reichen für die eindeutige Identifikation aus. Mit solchen Proben fallen jedoch auch riesige Datenmengen an. Um den Abgleich millionen- bis milliardenfach durchzuführen und mit Terabyte-grossen Datenbanken abzugleichen, sind moderne Datenmethoden wichtig. Nur mittels dieser Datenanalyse lassen sich das Auftreten und die Ausbreitung neuer Varianten verfolgen. Bei der Datenanalyse kommen zunehmend KI-Anwendungen zum Einsatz, die den Prozess optimieren, sowie Visualisierungstechniken, um die Daten für Forschende erfassbar zu machen.

Verbesserungen für die Krebsforschung

Im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit der Neurochirurgie des Kantonsspitals Winterthur unterstützt das DAViS-Institut auch die Krebsforschung. Auf Basis des «Drug Repurposing»-Konzepts werden strukturierte Daten aus Arzneimittel-Datenbanken sowie unstrukturierter Text für die KI-gestützte Datenanalyse genutzt, um gezielt nach bereits entwickelten Arzneimitteln und Wirkstoffen zu suchen, die durch einen «Off-Label»-Einsatz zu einer verbesserten Behandlung des Glioblastoms (bösartiger Hirntumor) führen könnten. 

Das Institut hat einen weiteren Fokus: Datenauswertungen werden mit Datenpräsentationen kombiniert; mittels Prozessauswertungen werden die Patientenpfade in einem Spital ausgewertet und für die Ärztinnen und Ärzte sichtbar gemacht. Diese Visualisierungen erlauben es, ein besseres Verständnis der Patientenströme zu erlangen, und können in mehrfacher Hinsicht angewendet werden – in erster Linie, um den Ärztinnen und Ärzten eine Hilfestellung bei ihren Behandlungen zu bieten, aber auch, um den Patientinnen und Patienten den weiteren Ablauf zu erklären oder einen Kostenüberblick zu vermitteln. Damit kann die Qualität der Versorgung verbessert und optimiert werden. Zusätzlich können die Mitarbeitenden besser eingesetzt und personelle Engpässe aufgezeigt werden. 

Die nächsten Jahre werden – auch durch die sich ändernden Klimabedingungen und neue Technologien – ganz neue Herausforderungen für das Gesundheitswesen mit sich bringen. Diese erfordern innovative und evidenzbasierte (d. h. datengetriebene) Lösungsansätze. Das DAViS-Institut beteiligt sich gleich mit zwei neuen Studienangeboten – «Computational and Data Science» und «Artificial Intelligence in Software Engineering» – an der Ausbildung von Nachwuchskräften an der Schnittstelle von Daten, Algorithmen, KI-Methoden und Innovationen für die verschiedenen Gesundheitsbereiche des Kantons Graubünden.

Beitrag von 

Prof. Corsin Capol, Studienleiter, Institut Data Analysis, Artificial Intelligence, Visualization, and Simulation

Prof. Dr. Heiko Rölke, Leiter Institut Data Analysis, Artificial Intelligence, Visualization, and Simulation