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Politik für alle

Den soziodemographischen Graben überbrücken

06. Juni 2024

Ein Forschungsteam der Fachhochschule Graubünden hat die politische Partizipation junger Menschen unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse bestätigen, dass Bildungsgrad und Einkommen einen Einfluss auf die spätere Teilnahme am politischen Leben haben. Deshalb soll auch bei sozioökonomisch benachteiligten Kindern und Jugendlichen das Interesse an der Politik geweckt werden: mittels Gaming.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen in der Schweiz, die materiell weniger gut gestellt sind, auch weniger am politischen Leben teilnehmen. «Wenn Kinder und Jugendliche in ihrer familiären Umgebung nicht oder nicht genügend mit politischen Themen in Berührung kommen, ist die Wahrscheinlichkeit grösser, dass sie später weniger politisch partizipieren», begründet Projektleiterin Prof. Dr. Amina Ovcina Cajacob ihre Motivation für das Forschungsprojekt «Politik für alle». Es sei aber wichtig, bei allen jungen Menschen ein Bewusstsein zu schaffen, am politischen Leben teilzunehmen und ihren Lebensraum aktiv mitzugestalten.

Das Forschungsprojekt der FH Graubünden gemeinsam mit der Berner Fachhochschule (BFH) und dem Dachverband Schweizer Jugendparlamente (DSJ) beschäftigt sich mit den Ursachen für politisches Desinteresse, insbesondere im sozioökonomischen Kontext.  So wurden in der ersten Projektphase letzten März Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 17 Jahren zu verschiedenen Aspekten der politischen Beteiligung befragt und die die Antworten von 865 online Teilnehmenden aus sieben Deutschschweizer Kantonen ausgewertet.

Gesellschaftliche Zugehörigkeit und Partizipation stärken 

Die Ergebnisse bestätigen, dass die Bildung der Eltern einen Einfluss auf das politische Interesse der Kinder hat. So wird in bildungsfernen Familien meist weniger oft mit den Kindern über Politik gesprochen. Nicht nur die Eltern, auch die Politikerinnen und Politiker spielen eine wesentliche Rolle, wie Kinder und Jugendliche das politische Leben wahrnehmen. Gemäss der Studie fühlen sich junge Menschen eher nicht ernst genommen von der Politik. «Wenn eine Gesellschaft junge Menschen will, die sich für politische Themen interessieren, muss man ihnen auch Gewissheit vermitteln, dass sie und ihre Bedürfnisse ernst genommen werden», so Ovcina Cajacob. 

Zudem zeigt die Umfrage, dass ein Interesse an Videogames für die Politik-Schulung besteht – vor allem bei der jüngeren Zielgruppe. Dies könnte als Chance genutzt werden, schon frühzeitig auf spielerischem Weg an politische Themen heranzuführen. Weiter zeigt sich, dass Kinder und Jugendliche mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder Doppelbürgerschaft ein grösseres Interesse an globalen politischen Themen sowie an Videogames haben. Dieses Interesse könnte förderlich sein, um ihr Zugehörigkeitsgefühl zur Schweizer Gesellschaft und somit ihre politische Partizipation zu stärken. Diese erste, hiermit abgeschlossene, Projektphase wurde von der Ernst Göhner Stiftung sowie von der Veronika Hugo Bohny Stiftung unterstützt.

Spielerisch an Politik heranführen

Ziel des Gesamtprojekts ist es, bei sozioökonomisch benachteiligten Kindern und Jugendlichen eine intrinsische Motivation für politisches Engagement zu fördern. Die digitale Durchdringung der Gesellschaft eröffnet auch im Bereich der politischen Partizipation junger Menschen neue Möglichkeiten. So soll in der nächsten Projektphase bis Ende 2025 ein Serious Game entwickelt werden, mit dem der Umgang mit politischen Themen spielerisch geübt werden kann. 

Im Forschungsschwerpunkt Mediennutzung und -produktion in konvergenten und dynamischen Medienumgebungen, welches am Institut für Multimedia Production der FH Graubünden bearbeitet wird, untersuchen Forschende das Mediennutzungsverhalten unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren wie Alter, Geschlecht, Bildungsniveau und Einkommen. Zudem werden unternehmerische und medienpolitische Entscheidungen sowie sich ändernde Nutzerbedürfnisse und neue technologische Möglichkeiten berücksichtigt.

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Fachhochschule Graubünden

Als agile Hochschule setzt die FH Graubünden auf dynamisches Denken und proaktives Handeln. Mit diesem Mindset gestaltet sie nachhaltig die Zukunft mit. Studium und Forschung sind interdisziplinär und orientieren sich an praktischen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre über 2200 Studierenden bildet sie zu hochqualifizierten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten aus. Die Hochschule bietet Studien- und Weiterbildungsangebote in Architektur, Bauingenieurwesen, Computational and Data Science, Digital Supply Chain Management, Information Science, Management, Mobile Robotics, Multimedia Production, Photonics sowie Tourismus an. In ihrer Forschung fokussiert sie auf die Themen Angewandte Zukunftstechnologien, Entwicklung im alpinen Raum und Unternehmerisches Handeln, und agiert auch partizipativ in Reallaboren. Die Mitwirkung aller Hochschulangehörigen trägt zur Weiterentwicklung der Fachhochschule und deren Qualität bei.