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Hang- und Ufersicherung mit Faschinen aus Holzwolle

Hang- und Ufersicherung mit Faschinen aus Holzwolle aus dem Schweizer Wald

29. Juni 2021

Weltweit werden seit Jahrhunderten natürliche Baustoffe zum Schutz gegen Erosion und Rutschungen verwendet. Aus regionalen Hölzern und Astwerken lassen sich rasch und einfach Produkte erstellen, die den Boden gegen die Angriffe von Wasser, Schnee und Wind schützen. Das Institut für Bauen im alpinen Raum der Fachhochschule Graubünden startet ein Innosuisseprojekt, um die Eignung von Schweizer Holzwollefaschinen für die Hang- und Ufersicherung zu erforschen.

Bei der Sicherung von Ufern und Hängen hat die Verwendung von Faschinen aus gebündeltem Holz in Europa eine lange Tradition. Die Faschinen sind eine aus ingenieurbiologischer Sicht bewährte Verbauungsmethode aus nachhaltigem und einheimischem Material. Eine Alternative bietet die Verwendung von Faschinenelementen aus Holzwolle, wie sie seit Jahren in den USA erfolgreich eingesetzt werden. Die von Hand verlegbaren und formbaren Elemente aus Schweizer Holz stellen eine interessante Variante zu den bekannten Faschinen dar.

Das aktuelle Projekt des Instituts für Bauen im alpinen Raum ist ein Folgeprojekt zum erfolgreich abgeschlossenen Projekt «Erosionsschutz mit Schweizer Holzwolle». Das Material dafür wird bei der Wirtschaftspartnerin des Projektes Lindner Suisse aus Wattwil produziert. Die Fachhochschule SUPSI im Tessin fungiert als Forschungspartnerin.

Breites Einsatzspektrum

Es wird zwischen Totholzfaschinen und Lebendfaschinen unterschieden, je nachdem ob sie aus nicht austreibfähigem Reisig oder aus bewurzlungsfähigem Laubholz hergestellt werden. Die Faschinen werden aus groben und feinen Ästen zu walzenförmigen Bündeln zusammengebunden.  Bei Mangel an austreibfähigem Astwerk können Faschinen auch Totholzteile  besitzen. Dabei sollte der Totholzanteil nicht höher als 50 Prozent betragen. Faschinen haben sich in der Ingenieurbiologie bewährt und haben ein breites Einsatzspektrum bei der Sicherung von Hängen und der Befestigung von Ufern. In der Vergangenheit und teilweise auch heute noch kommen sie zudem auch militärisch zum Einsatz, etwa zur Verfüllung von Gräben oder Errichtung von Schutzbauten. Dabei werden zunehmend Faschinen aus Kunststoffen verwendet.

Die Faschine als bewährte Verbauungsmethode

Die traditionelle Faschine wird aus lebenden Weidenästen und/oder toten Ruten zu Walzen mit einem Durchmesser von bis zu 50 Zentimetern zusammengebunden. Dabei haben die Äste und Ruten einen Durchmesser von 2 bis 8 Zentimetern bei Astlängen von bis zu 6 Metern. Die Walzen werden durch Draht, Schilf oder ein Metallband zusammengehalten. Faschinen können vorgängig produziert und in kürzester Zeit vor Ort verlegt werden. Beim Einbau von lebenden Faschinen erfolgt mit der Zeit eine Verzahnung mit dem Erdboden, wodurch die stabilisierende Funktion noch erhöht wird.

Faschinen aus Schweizer Holzwolle als Alternativmaterial

Die heimische, nach dem weltweit anerkannten Schweizer Holzwolle-Standard hergestellte Holzwolle ist ein naturbelassener Werkstoff. Sie wird nach einer Rezeptur aus verschiedenen Schweizer Hölzern produziert – für die Faschinen im Test kommen auch Spezialhölzer aus dem Tessin zum Einsatz. Eine bekannte Anwendung der Holzwolle zum Schutz gegen Erosion wurde im Rahmen eines Innosuisse-Forschungsprojekt am Institut für Bauen im alpinen Raum erfolgreich untersucht.

Mögliche Einsatzvarianten sind die Verwendung im Wasserbau oder bei Hangverbauungen als Alternative oder Ergänzung zu den traditionellen Faschinen aus Holzbündeln. Die Holzwolle wird in ein Gewirke aus Naturfasern eingefüllt. Dieses Produkt ist keine Faschine im traditionellen Sinn, da es aus Holzfasern und nicht aus Reisig besteht. Aufgrund der nur losen Vernetzung der enthaltenen Holzwollefasern sind die entstehenden Holzwollefaschinen (Holzwollepackung) formbar und können so den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden. Einfaches Handling und Logistikoptimierung sind weitere Ziele dieser Produktentwicklung. Die Verlegung erfolgt ähnlich wie bei den bekannten Faschinen: die Elemente werden mit Holzpflöcken oder Stahlstäben am Verwendungsort fixiert und zusätzlich mit einem Sisalseil gesichert.

Zur Ausbildung der Vegetation werden Stecklinge verwendet, welche in der Initialphase durch die Holzwolle geschützt wurzeln können. Alle verwendeten Materialien der Schweizer Holzwollefaschine sind biologisch abbaubar, die Holzwolle verrottet nach einigen Jahren zu Humus.

Der Einsatz als Faschine ist in der Schweiz noch eine relativ unbekannte Verwendung von Holzwolle. Die bisher gemachten Erfahrungen und die jahrzehntelange Anwendung in den USA zeigen jedoch, dass diese nachhaltige Variante Potenzial hat. Erste Versuche haben auf dem Areal der Herstellerin, der Firma Lindner Suisse GmbH  in Wattwil, sowie am Zürichsee bereits stattgefunden. Einige erfolgversprechende Ergebnisse wurden vom Institut für Bauen im alpinen Raum der FH Graubünden aufgenommen.

Weitere Details:

Mehr zum Projekt «Faschinen aus Holzwolle für nachhaltige Hang- und Ufersicherung»

Faschinen aus Holzwolle
Faschinen aus totem Holz
Installation der Faschinen
Hang- und Ufersicherung

Weitere Auskünfte

Institutsleiter
Prof. Dr. Imad Lifa

Fachhochschule Graubünden

Als agile Hochschule setzt die FH Graubünden auf dynamisches Denken und proaktives Handeln. Mit diesem Mindset gestaltet sie nachhaltig die Zukunft mit. Studium und Forschung sind interdisziplinär und orientieren sich an praktischen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre über 2200 Studierenden bildet sie zu hochqualifizierten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten aus. Die Hochschule bietet Studien- und Weiterbildungsangebote in Architektur, Bauingenieurwesen, Computational and Data Science, Digital Supply Chain Management, Information Science, Management, Mobile Robotics, Multimedia Production, Photonics sowie Tourismus an. In ihrer Forschung fokussiert sie auf die Themen Angewandte Zukunftstechnologien, Entwicklung im alpinen Raum und Unternehmerisches Handeln, und agiert auch partizipativ in Reallaboren. Die Mitwirkung aller Hochschulangehörigen trägt zur Weiterentwicklung der Fachhochschule und deren Qualität bei.