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Grosse Unterschiede im Lawinen- und Steinschlagverbau

Grosse Unterschiede im Tragverhalten von Geotextilsäcken bei Ankern im Lawinen- und Steinschlagverbau

19. Dezember 2024

Im Kanton Graubünden existieren zahlreiche Lawinen- oder Steinschlagverbauungen. Viele von ihnen sind mit vermörtelten Ankerstangen im Boden fixiert. Überzogen sind diese mit Textilsäcken, welche den Mörtel im Bohrloch halten sollen. Wie eine Untersuchung der Fachhochschule Graubünden nun zeigt, sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Geotextilsäcken sehr gross und keiner der marktüblichen Strümpfe erfüllt die Anforderungen vollumfänglich. Die Expert:innen der Hochschule haben in Namen des Bundesamts für Umwelt ein Merkblatt verfasst, in welchem sie Empfehlungen abgeben.

Fundamente von Lawinen- oder Steinschlagverbauungen werden im Boden verankert. Das Problem ist allerdings, dass der Untergrund oftmals aus einem Lockergestein wie Hangschutt oder Moräne besteht, oder dass der Felsuntergrund sehr klüftig ist. Der eingebrachte Mörtel verfüllt also alle Hohlräume im Untergrund, bevor er dort wirken kann, wo er soll – im Bohrloch selbst. Aus diesem Grund werden die Anker in der Praxis mit Geotextilsäcken überzogen. Aufgabe dieses Strumpfes ist es, den Mörtel dort zu halten, wo er bleiben soll, im Bohrloch. In der Schweiz werden aktuell sechs Modelle solcher Geotextilsäcke verwendet. Diese bestehen aus gewobenen oder gestrickten Geweben oder aus Vliesstoff. Ihre Wirksamkeit wirft seit vielen Jahren Fragen auf.

In einem Forschungsprojekt untersuchte die FH Graubünden deshalb im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) das Tragverhalten solcher Geotextilsäcke. Die Feld- und Laborversuche zeigten deutlich, dass die derzeit bekannten Anwendungen dieser Baumethode keinen nachweisbaren Vorteil bringt. «Im Gegenteil», sagt Imad Lifa, Projekt- und Institutsleiter am Institut für Bauen im alpinen Raum der FH Graubünden. «Wir haben festgestellt, dass die Anwendung von Geotextilsäcken bei Ankern zur Reduktion ihres Tragverhaltens führt.» Geprüft wurden insgesamt 36 Testanker mit sechs Geotextilsäcken.

Angepasste Einbaumethoden und neue Testverfahren

Viele der untersuchten Geotextilsäcke verfügen demnach nicht über die mechanischen und hydraulischen Eigenschaften, um den Einbau zu durchstehen und den Injektionsdruck standzuhalten. Übersteht ein Geotextilsack den Einbau ohne zerstört zu werden, bleibt es ungewiss, ob er über genügende Tragkraft verfügt. Gewisse Geotextilsäcke dagegen sind sehr dicht gewoben oder gestrickt, so dass sie keinen Mörtel durchlassen. Dadurch entsteht keine Verbindung mit dem Baugrund. Die Forschenden fanden heraus, dass gewisse Strümpfe oder Säcke mit einer angepassten Einbaumethode zum gewünschten Ziel führen könnten, um den Mörtelverlust zu reduzieren, ohne das Tragverhalten der Anker herabzusetzen. Durch im Rahmen des Forschungsprojekts neu entwickelte Testverfahren können Geotextilien künftig auf ihre Eignung für diese Anwendung geprüft werden.

Ihre Ergebnisse und Empfehlungen haben die Forschenden der FH Graubünden in einem Merkblatt zusammengefasst, welches noch in diesem Jahr publiziert werden soll. Derzeit befindet es sich in einer vom Bundesamt für Umwelt durchgeführten Vernehmlassung. «Unsere Empfehlungen werden Auswirkungen auf den Markt haben», sagt Projektleiter Imad Lifa. «Die Anwender müssten sich neue Geotextilsäcke beschaffen oder ihre bestehenden Produkte weiterentwickeln» ergänzt er, denn die Mindestanforderungen an die geeigneten Geotextilsäcke gibt die Studie in einem vorgesehenen Merkblatt bekannt. Dieses Merkblatt steht nun zur Verfügung.

Das Institut für Bauen im alpinen Raum der FH Graubünden geht Fragen nach, welche Bauten im alpinen Raum historisch gewachsen sind, welche Baulösungen und -systeme nachhaltig sind und sich unter den spezifischen Bedingungen in den Alpen bewähren, und welche Einflüsse durch Naturgefahren vermieden bzw. kontrolliert werden können.

Weitere Details

In Graubünden existieren zahlreiche Lawinen- oder Steinschlagverbauungen. Wie eine Untersuchung der FH Graubünden zeigt, sind die Unterschiede zwischen den verwendeten Geotextilsäcken sehr gross und keiner der marktüblichen Strümpfe erfüllt die Anforderungen vollumfänglich. Im Auftrag des Bundesamts für Umwelt hat das Team ein Merkblatt mit Empfehlungen verfasst.
In Graubünden existieren zahlreiche Lawinen- oder Steinschlagverbauungen. Wie eine Untersuchung der FH Graubünden zeigt, sind die Unterschiede zwischen den verwendeten Geotextilsäcken sehr gross und keiner der marktüblichen Strümpfe erfüllt die Anforderungen vollumfänglich. Im Auftrag des Bundesamts für Umwelt hat das Team ein Merkblatt mit Empfehlungen verfasst.

Weitere Auskünfte

Institutsleiter
Prof. Dr. Imad Lifa

Fachhochschule Graubünden

Als agile Hochschule setzt die FH Graubünden auf dynamisches Denken und proaktives Handeln. Mit diesem Mindset gestaltet sie nachhaltig die Zukunft mit. Studium und Forschung sind interdisziplinär und orientieren sich an praktischen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre über 2200 Studierenden bildet sie zu hochqualifizierten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten aus. Die Hochschule bietet Studien- und Weiterbildungsangebote in Architektur, Bauingenieurwesen, Computational and Data Science, Digital Supply Chain Management, Information Science, Management, Mobile Robotics, Multimedia Production, Photonics sowie Tourismus an. In ihrer Forschung fokussiert sie auf die Themen Angewandte Zukunftstechnologien, Entwicklung im alpinen Raum und Unternehmerisches Handeln, und agiert auch partizipativ in Reallaboren. Die Mitwirkung aller Hochschulangehörigen trägt zur Weiterentwicklung der Fachhochschule und deren Qualität bei.