Institut für Tourismus und Freizeit untersucht Potenzial von neuen Beherbergungsformen
27. September 2022
Übernachten in einem Weinfass, einem Baumhaus, einem Iglu oder einer umgebauten Seilbahngondel? Unterschiedliche Formen der flexiblen Beherbergung finden immer mehr Verbreitung – auch in der Schweiz. Das Institut für Tourismus und Freizeit der Fachhochschule Graubünden hat im Auftrag des Amts für Wirtschaft und Tourismus Graubünden eine Grundlagenstudie zum Thema «flexible Beherbergungsformen» durchgeführt. Die Studie zeigt auf, dass sich durch den Ausbau flexibler Beherbergungsmöglichkeiten die Chance bietet, den Bündner Tourismus durch ein komplementäres Angebot im Nischenbereich zu stärken.
Der Kreativität für innovative Geschäftsideen im Bereich der flexiblen Beherbergungsformen sind nahezu keine Grenzen gesetzt. Durch die individuelle Ausgestaltung der verschiedenen Unterkünfte in Bezug auf ihren Standort und ihre Ausstattung präsentiert sich das Angebot vielfältig und spricht eine (ebenso) grosse Spannweite an Zielgruppen an.Das Spektrum flexibler Beherbergungen reicht von zelt- über wagen-, bis hin zu hausähnlichen Formen an Land, zu Wasser und in der Luft. Nebst der Erstellung einer Typologie sowie einer Bestandsaufnahme der vorhandenen Flexlodge-Angebote im Kanton Graubünden war das Ziel der Studie, das touristische Potenzial der flexiblen Beherbergungsformen für den Bündner Tourismus zu eruieren und Handlungsempfehlungen zur Erschliessung dieses Potenzials abzugeben.
Boom der einzigartigen Beherbergungsangebote
Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass flexible Beherbergungsformen bei den Gästen grossen Anklang finden. Oft sind die Angebote innert kürzester Zeit oder für lange Zeit im Voraus ausgebucht. Je einzigartiger und spektakulärer das Angebot ist, desto mehr steigt auch die Zahlungsbereitschaft: Der gemeinsame Nenner der eher aktiven, naturbezogenen Gäste ist der Wunsch nach einem neuen, einzigartigen Übernachtungserlebnis, das sich vom Standardangebot der Hotels und Ferienwohnungen unterscheidet und eine gewisse Nähe zur Natur bietet. Dies macht neben der Einzigartigkeit der Unterkunft auch den attraktiven, besonderen Standort zu einem zentralen Faktor bei der Angebotsgestaltung. Auch aus Gastgebersicht erfreut sich der Trend grosser Popularität, was auf verschiedenste Gründe zurückgeführt werden kann: Die neuen Formen der Beherbergung liefern hervorragendes, medienwirksames Bildmaterial für die Kommunikation und bieten die Möglichkeit, zusätzliche Umsatzquellen zu erschliessen sowie flexibler auf Nachfragespitzen zu reagieren. Die geringeren Investitionskosten pro Übernachtungseinheit im Vergleich zur stationären Beherbergung im Hotel oder in Ferienwohnungen legen nahe, dass sich mit diesen neuen Unterbringungsformen ein besseres Kosten-/Ertragsverhältnis erzielen lässt. Somit ergeben sich in diesem Segment viele Chancen für interessante, innovative Geschäftsideen – auch für Neugastgeber.
Potenzial für innovative Geschäftsideen
Die nun vorliegende Studie zeigt, dass in Graubünden die Chance zum Ausbau des Angebots flexibler Beherbergungsmöglichkeiten in der Tourismusbranche grundsätzlich vorhanden ist. Dieses Potenzial wird jedoch zum heutigen Zeitpunkt kaum ausgeschöpft. Dies hat unter anderem damit zu tun, dass es für potenzielle sowie bestehende Flexlodge-Anbieter zu wenig Orientierung gibt. Abgesehen davon, dass die Möglichkeit des Angebots flexibler Beherbergungen noch zu wenig bekannt ist, ist es für potenzielle Anbieter schwierig, sich in der Gesetzgebung betreffend Raumplanung und anderer Bereiche zurechtzufinden. Dass auf der Nachfrageseite das Potenzial bisher, trotz steigender Nachfrage nach flexiblen Beherbergungsformen nicht ausgenutzt wird, hat unter anderem mit der Angebotskommunikation zu tun: Die Suche nach Angeboten gestaltet sich für mögliche Gäste schwierig – die Angebote sind aufgrund fehlender einheitlicher Begrifflichkeiten und Plattformen oft nur schwer oder durch Zufall auffindbar. Die im Rahmen der Studie ausgearbeiteten Handlungsempfehlungen zielen auf ebendiese Herausforderungen ab und liegen in den Bereichen der Schaffung von Rahmenbedingungen, der Förderung von Kooperationen involvierter Akteure, der Bereitstellung von Information und der Angebotsvermarktung.
Angebote steigern die Attraktivität der Tourismusregion
Der Tourismusrat Graubünden hat die Erstellung einer derartigen Grundlagenstudie angeregt, um touristische Potenziale in Graubünden und aktuelle Entwicklungen im Nachgang zur Covid-19-Pandemie zu erörtern. Das Institut für Freizeit und Tourismus wurde daraufhin vom Amt für Wirtschaft und Tourismus Graubünden (AWT) beauftragt. «Spezielle Übernachtungsangebote als Ergänzung zu klassischen Beherbergungsformen können zur Attraktivitätssteigerung einer Tourismusregion beitragen, auch wenn es sich um touristische Nischenangebote handelt» sagt Reto Bleisch, Leiter des AWT. Die Erhöhung der Sichtbarkeit solcher Angebote sei für deren Erfolg von Bedeutung.»
Das Institut für Freizeit und Tourismus trägt durch seine angewandte Forschung und praxisnahen Entwicklungsprojekten zur Weiterentwicklung des Tourismus bei. Insbesondere der Revitalisierungsprozess des Schweizer und Bündner Tourismus wird aktiv begleitet. Zu diesem Zweck werden die Forschungsfelder Service Innovation, Tourismus 4.0, Management von touristischen Immobilien und Infrastrukturen sowie Nachhaltige Entwicklung bearbeitet. Partner und Kunden des ITF sind Destinationen, Leistungsträger, Verbände sowie Politik und Verwaltung, mit denen Lösungen zu unternehmerischen, gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen in den Bereichen Tourismus und Freizeit erarbeitet werden.
Weitere Details:
Projekt Flexlodges – neue flexible Beherbergungsformen (mit Download der Grundlagenstudie)
Fachhochschule Graubünden
Als agile Hochschule setzt die FH Graubünden auf dynamisches Denken und proaktives Handeln. Mit diesem Mindset gestaltet sie nachhaltig die Zukunft mit. Studium und Forschung sind interdisziplinär und orientieren sich an praktischen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre über 2200 Studierenden bildet sie zu hochqualifizierten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten aus. Die Hochschule bietet Studien- und Weiterbildungsangebote in Architektur, Bauingenieurwesen, Computational and Data Science, Digital Supply Chain Management, Information Science, Management, Mobile Robotics, Multimedia Production, Photonics sowie Tourismus an. In ihrer Forschung fokussiert sie auf die Themen Angewandte Zukunftstechnologien, Entwicklung im alpinen Raum und Unternehmerisches Handeln, und agiert auch partizipativ in Reallaboren. Die Mitwirkung aller Hochschulangehörigen trägt zur Weiterentwicklung der Fachhochschule und deren Qualität bei.