31. Januar 2024
Vom 24. bis 26. Januar 2024 fanden im Kloster Disentis die 9. Energieforschungsgespräche Disentis statt. Sie wurden gemeinsam durch die Stiftung Alpines Energieforschungscenter AlpEnForCe und die Fachhochschule Graubünden FHGR, vertreten durch das Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung ZWF, durchgeführt. Der thematische Fokus einer Studie über «Die Alpen für eine klimapositive Schweiz» gewidmet.
Die 9. Energieforschungsgespräche fanden vom 24. bis 26. Januar 2024 im Kloster Disentis statt. Sie wurden gemeinsam durch die Stiftung Alpines Energieforschungscenter AlpEnForCe und die Fachhochschule Graubünden FHGR, vertreten durch das Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung ZWF, durchgeführt. Der thematische Fokus der diesjährigen Veranstaltung war den Inhalten der von der Stiftung AlpEnForCe gemeinsam mit dem Urner Institut für Kulturen der Alpen an der Universität Luzern in Auftrag gegebene Studie «Die Alpen für eine klimapositive Schweiz» gewidmet.
Die durch die Studie definierte Tagungsstruktur umfasste Rahmenbedingungen für die Dekarbonisierung und Klimapositivität sowie je einen Fokus auf Photovoltaik und Wind bzw. Versorgungssicherheit und Energieautarkie. Die Präsentationen der Autorinnen und Autoren der einzelnen Kapitel, die als Factsheets verstanden werden, lieferten eine wertvolle aber dennoch lückenhafte Sicht auf die Gesamtthematik. Weitere Arbeiten zum Thema werden notwendig sein, um das übergeordnete Ziel der Entwicklung einer ganzheitlichen Sicht zu realisieren. Wichtig in diesem Zusammenhang wird insbesondere die von Prof. Thomas Kienberger von der Montanuniversität Leoben unterstrichene Notwendigkeit quantitativer Analysen mit mess- und vergleichbaren sozio-technisch-ökonomischen Indikatoren sein. Dies gilt sowohl für die Weiterentwicklung der präsentierten Studie als auch weitere Diskussion im Rahmen zukünftiger Energieforschungsgespräche.
Die Tagung wurde umrahmt durch je eine Keynote in der Opening und der Closing Session. Der erste Beitrag war einer internationalen Perspektive mit Blick auf die durch die russische Invasion in die Ukraine verursachte Energiekrise gewidmet. Prof. Regina Betz vom Center for Energy and the Environment der ZHAW präsentierte dazu Erkenntnisse aus einer aktuellen Studie mit empirischen internationalen Vergleichen zu Gasimportabhängigkeit und Energiearmut als Grundlage für die Diskussion von regulatorischen Eingriffen in die nationalen Gas- und Strommärkte. Das abschliessende Referat von Prof. Dominique Foray von der EPFL war dem Design einer Energie-Innovations-Politik für das 21. Jahrhundert gewidmet. Ausgehend von Problemen wie Markt- und Politikversagen, die mit Innovationen verbunden sind, und der damit verbundenen Frage «What should be innovation economics for future times?”, entwickelte er eine rekursiv dynamische Perspektive als Toolbox zur Innovations-Politik.
Am öffentlichen Anlass diskutierten Vertreter aus der Praxis unter der Leitung von Ivo Schillig, dem Geschäftsführer von AlpEnForCe, mögliche Wege zur beschleunigten Netzerschliessung in den Alpen. Auffallend dabei war insbesondere eine gewisse Diskrepanz zwischen den Aussagen der Praktiker gegenüber den zuvor im wissenschaftlichen Teil präsentierten Erkenntnissen bezüglich der Dringlichkeit von Netzausbauten auf Verteilstufe. Auch hier wird die Wissenschaft gefordert sein, um in einem transdisziplinären Ansatz auf die Sichtweisen und Inputs aus der Praxis und deren Bedürfnisse einzugehen. Wichtig in diesem Zusammenhang wird insbesondere auch, wie in einigen Vorträgen und Diskussionen betont, die Verbindung von Produktion, Konsum, Netzen und Speichern sein.
Wie jedes Jahr wurden eingereichte Beiträge zu laufenden Forschungsarbeiten im Parallelsessions vorgestellt und diskutiert. Diese befassten sich mit Themen zur Wasserkraft sowie ökonomischen Aspekten der Energie- und Klimapolitik, die mehrheitlich von Mitarbeitenden des Center for Energy and the Environment der ZHAW präsentiert wurden. Auch das ZWF war mit einem Beitrag von Adhurim Haxhimusa vertreten, der sich mit der Thematik von Durchschnitts- versus Grenzemissionen als relevante Bezugsgrösse für die Klimapolitik befasst.
Im Schlusswort zur Tagung ordnete Werner Hediger vom ZWF danksagend die verschiedenen Inputs und aufgegriffenen Diskussionspunkte sowie die diesjährige Veranstaltung als Ganzes in der Energieforschungsgespräche ein. Sie sollen eine Plattform für die Wissensvermittlung und den qualifizierten Austausch zwischen Wissenschaft, Praxis, Politik und Verbänden zu aktuellen Fragen rund um die Thematik Energie im alpinen Raum darstellen. Dieser «Geist von Disentis» liegt, wie Stiftungsratspräsident Dominik Rohrer in seiner Begrüssungsrede betonte, im Dialog -- ein Dialog, der sowohl die disziplinenübergreifende Verständigung zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Wissenschaft als auch zwischen Wissenschaft und Praxis umfassen soll. Damit verbunden ist auch die von Prof. Annegret Hannawa von der Università della Svizzera Italiana in ihrer Rede während des Konferenz-Dinners illustrierte Problematik der Kommunikation. Letztere ist nicht unbedingt die Stärke der Wissenschafter und Wissenschafterinnen, muss aber gefördert werden, insbesondere wenn es um die Kommunikation in Krisen geht. Die gesamte Problematik um eine verbesserte Kommunikations- und Diskussionskultur wurde in einer angeregten Schlussdiskussion im Plenum mit unterschiedlichen Vorschlägen von Seiten der Teilnehmenden aufgegriffen.
Werner Hediger, ZWF, 29. Januar 2024