Menu
Wissensplatz
Stärkung des Skill-Grade-Mix in Bündner Gesundheitsinstitutionen durch den Einsatz von Servicerobotik
Stärkung des Skill-Grade-Mix in Bündner Gesundheitsinstitutionen durch den Einsatz von Servicerobotik

Stärkung des Skill-Grade-Mix in Bündner Gesundheitsinstitutionen durch den Einsatz von Servicerobotik

Alters- und Pflegeheime sehen sich zunehmend mit der Überalterung der Gesellschaft konfrontiert. Auch veränderte Pflegebedürfnisse und der Fachkräftemangel halten die Branche auf Trab. Um auch zukünftig eine hochwertige und effiziente Altenbetreuung sicherstellen zu können, sind Alters- und Pflegeheime auf innovative Lösungen angewiesen. Roboter könnten eine dieser Lösungen sein. 

Text: Tanja Ospelt, Andreas Ziltener / Bild: F&P Robotics

In der Schweiz steigt die Anzahl älterer Personen stetig. Laut Bundesamt für Statistik werden bis zum Jahr 2050 über 27 Prozent der Schweizer Bevölkerung älter als 65 Jahre sein. Diese Entwicklung führt in Alters- und Pflegeinstitutionen zu erheblichen Herausforderungen. Bereits heute ist ein deutlicher Mangel an qualifizierten Pflegekräften erkennbar. Hochqualifizierte Fachkräfte wie Fachangestellte Gesundheit werden zunehmend durch weniger qualifizierte Mitarbeitende ersetzt. Die Arbeitsbelastung und die Anfälligkeit für Burnouts im Pflegebereich nehmen fortlaufend zu. In extremen Fällen kann der Mangel an hochqualifiziertem Personal aufgrund von finanziellen Belastungen und der Aufrechterhaltung von Qualitätsstandards zu Bettenschliessungen in Alters- und Pflegeeinrichtungen führen. Auf Seite der Patientinnen und Patienten bringt der zunehmende Fachkräftemangel nicht nur eine steigende Unzufriedenheit und eine längere Aufenthaltsdauer mit sich, sondern führt auch zu einer erhöhten Mortalität, wie Studien zeigen. Angesichts der institutionellen und personellen Herausforderungen und der sich verschlechternden Situation für die Patientinnen und Patienten müssen Alters- und Pflegeheime ständig nach innovativen Lösungsansätzen suchen.

Servicerobotik als Antwort

In Kooperation mit der Fachhochschule Graubünden und dem Hightech-Unternehmen F&P Robotics und mit finanzieller Unterstützung des Vereins «GRdigital» startet die Stiftung Gesundheitsversorgung Oberengadin dieses Jahr ein Servicerobotik-Projekt. Das Projekt zielt darauf ab, die Qualität der Betreuung zu verbessern und eine stärkere Bindung zwischen Pflegepersonal und Patientinnen und Patienten zu ermöglichen. Eine individuellere Betreuung kann das Wohlbefinden der Bewohnenden steigern und der Bündner Bevölkerung dabei helfen, in Würde zu altern. Die Roboter übernehmen dabei Aufgaben wie beispielsweise Unterhaltungsaktivitäten in Form von Geschichtenerzählen, Spielen und Witzen. Auch die mentale Aktivierung der Patientinnen und Patienten mittels Gedächtnistraining, die Bereitstellung von Informationen zu verschiedenen Themen (z. B. zum Wetter), Terminerinnerungen, die Verteilung von Getränken und der Transport von Wäsche, Abfall und Post gehören zu ihren Aufgaben. Da die Roboter zusätzlich auch persönliche Pflege- und Betreuungsdienste übernehmen, müssen sie in die Abläufe der betreffenden Alters- und Pflegeinstitutionen integriert werden – ganze Arbeitsprozesse verändern sich dadurch.

Assistenzroboter «Lio» bei der Arbeit – in Interaktion mit einer Patientin.
Assistenzroboter «Lio» bei der Arbeit – in Interaktion mit einer Patientin.

Vorteile auf mehreren Ebenen

Die Integration solcher moderner Technologien trägt erheblich zur Förderung des sogenannten Skill-Grade-Mix im Pflegebereich bei. Diese Verbesserung zielt darauf ab, sowohl die Qualität der Pflege zu steigern als auch den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten. Der Begriff «Skill» bezieht sich auf die breite Palette an Berufserfahrungen und individuellen Fähigkeiten der Pflegekräfte. Unter dem Begriff «Grade» sind die Bildungsabschlüsse und zusätzlichen Qualifikationen der Pflegekräfte zu verstehen. Es soll also ein ausgeglichenes Verhältnis von «Skill» (Erfahrung in der Pflege) und «Grade» (zertifizierter Fachkompetenz) sichergestellt werden. Dies kann zu einer höheren Qualität der Pflegeleistungen führen und den Beruf für potenzielle Pflegekräfte attraktiver machen.

Die Integration von Servicerobotik bietet demzufolge auch Vorteile für die Mitarbeitenden der Alters- und Pflegeheime, indem diese den Umgang mit solchen Systemen erlernen und ihre Fähigkeiten im Bereich der Hard- und Softwaresysteme erweitern. So erhalten Pflegekräfte die Möglichkeit, neue und innovative technische Gesundheitssysteme kennenzulernen, wodurch ihre Fachkompetenzen erweitert und ihre beruflichen Fähigkeiten verbessert werden. Der Assistenzroboter «Lio», der im Rahmen des Projekts «Einsatz von Servicerobotik in der Altenbetreuung» weiterentwickelt wurde, übernimmt vor allem repetitive Aufgaben. Einerseits gewinnen die Pflegekräfte dadurch mehr Zeit für den gegenseitigen Erfahrungsaustausch und erfahrene Mitarbeitende können die weniger erfahrenen Kolleginnen und Kollegen unterstützen. Diese Interaktion fördert den Wissensaustausch unter den Pflegekräften. Der Skill-Grade-Mix wird damit gestärkt. Andererseits erhalten die Pflegekräfte dank der Servicerobotik mehr Zeit für Interaktionen mit den Patientinnen und Patienten, da nicht wertschöpfende Laufwege eingespart und die Pflege- und Betreuungsarbeiten weniger häufig durch Routinearbeiten unterbrochen werden. 

Beitrag von

Tanja Ospelt, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung

Prof. Dr. Andreas Ziltener, Dozent, Schweizerisches Institut für Entrepreneurship