2022 startet an der Fachhochschule Graubünden ein neues Weiterbildungsangebot, das in Kooperation mit der Graubündner Kantonalbank (GKB) und der MINT-Academy entwickelt wurde. In einem ersten Zertifikatslehrgang werden die Grundlagen im Bereich General Management vermittelt. Im zweiten Zertifikatslehrgang werden die Themen der Digitalisierung erarbeitet. Das zukunftsweisende Weiterbildungsformat soll Mitarbeitende aller Branchen auf die Veränderungen durch die Digitalisierung vorbereiten.

Text: Alex Villiger / Bilder: GKB

Die digitale Transformation verändert Kundenbedürfnisse und Geschäftsmodelle nachhaltig und fundamental – und dies früher oder später in allen Branchen. Neben den technologischen Entwicklungssprüngen dringen Start-ups und die bekannten Internetriesen in die bestehenden Märkte ein. Die Geschäftsmodelle dieser «Digital Player» orientieren sich nicht mehr an einer auf bekannten Produkten basierenden Marke, sondern an permanenter Innovation. Die Basis dieses Wertschöpfungsmodells sind die Kompetenz und das Engagement der Mitarbeitenden, was die Aufmerksamkeit der Unternehmen noch stärker auf die Aus- und Weiterbildung ihrer Arbeitskräfte lenkt. Dies aus gutem Grund, denn der demografische Einbruch wird auf dem Arbeitsmarkt in diesem Jahrzehnt für einen akuten Fachkräftemangel sorgen. Als Folge haben gerade Unternehmen in Randregionen mit ihren ausgetrockneten Arbeitsmärkten nur eine Chance: Die für die digitale Zukunft benötigten Kompetenzen und Profile innerhalb ihrer bestehenden Belegschaft selbst zu generieren.

Automatisierung auf dem Vormarsch

Die digitale Transformation orientiert sich am Grundsatz «Was automatisiert werden kann, wird automatisiert.» In einem ersten Schritt der vierten industriellen Revolution werden verarbeitungsintensive, repetitive Funktionen durch mächtiger werdende Systeme sowie neuere Technologie-Anwendungen wie Blockchain oder Robotics ersetzt. In einem zweiten Schritt wird die künstliche Intelligenz auch gut ausgebildete Mitarbeitende im Backoffice gefährden. Hier sieht Dr. Alex Villiger, Leiter Personal der Graubündner Kantonalbank, aus volkswirtschaftlicher Perspektive den grössten Weiterbildungsbedarf. Die GKB beabsichtigt deshalb, in Antizipation dieser Entwicklungslinien in den nächsten zehn Jahren 500 Mitarbeitende auszubilden und auf die Anforderungen des künftigen Arbeitsmarktes vorzubereiten.

Die fortschreitende Automatisierung und das Vordringen der künstlichen Intelligenz mögen Unbehagen auslösen. Doch die Digitalisierung schafft im Gegenzug auch zahlreiche Chancen für Arbeitnehmende durch neue, teils noch unbekannte Jobprofile. Diese Entwicklung gilt es als Fachhochschule zu erkennen und mit passenden Angeboten vorwegzunehmen.

Zweistufiges Weiterbildungsangebot

Die Fachhochschule Graubünden bietet ab 2022 ein zweistufiges Zertifikatsprogramm an, das in Kooperation mit der Graubündner Kantonalbank und der MINT-Academy entwickelt wurde und dieser Entwicklung Rechnung trägt.

Die Idee, gemeinsam einen innovativen Lehrgang zu entwickeln, entstand bei einem gemeinsamen Mittagessen mit Dr. Alex Villiger, Prof. Dr. Silvio Anesini (Leiter Institut für Management und Weiterbildung) und Prof. Günter Bader (Studienleiter, EMBA Digital Transformation und Smart and Digital Marketing). Angereichert mit den Inputs von Prof. Josef Walker (Departementsleiter Entrepreneurial Management) und Haempa Maissen vom Unternehmen 08EINS (Consultingfirma mit Fokus auf dem digitalen Wandel) wurde ein zukunftsweisendes Weiterbildungsformat entwickelt, welches Mitarbeitende aller Branchen auf die Veränderungen durch die Digitalisierung vorbereitet.

• Im ersten Zertifikatslehrgang erarbeiten die Teilnehmenden die wirtschaftlichen Grundlagen im Bereich General Management. Ziel: Die Absolventinnen und Absolventen dieses Basislehrgangs gewinnen einen Überblick über den aktuellen Stand der wichtigsten Disziplinen moderner Unternehmensführung. Die Themen: strategisches Management, Leadership, Marketing, finanzielle Führung, Organisationslehre, Prozessmanagement.
• Im zweiten Zertifikatslehrgang werden die für das Verständnis der digitalen Transformation relevanten Grundlagen vermittelt. Hier eignen sich die Teilnehmenden für die Zukunft unverzichtbares Wissen an, insbesondere in den Themen digitale Trends und Geschäftsmodelle, technologische Entwicklungen, agile Arbeitsmethoden und Führung in der Arbeitswelt 4.0.

Die beiden Weiterbildungszertifikate richten sich an Unternehmen und Mitarbeitende aller Branchen, die ihr Wissen auf kompakte Weise auf den neusten Stand bringen und gleichzeitig die Zulassung für den tertiären Weiterbildungssektor sicherstellen wollen (6 x 3 Tage pro Zertifikat, jeweils Donnerstag, Freitag und Samstag).

Kanton Graubünden stärken

Ende August 2021 ist der erste Pilotdurchgang mit 18 Mitarbeitenden der Graubündner Kantonalbank gestartet. Anfang 2022 beginnen die regulären Durchführungen mit branchendurchmischten Klassen. Um die grosse Anzahl an interessierten Weiterbildungswilligen schulen zu können, sind ab 2023 mehrere Zertifikatslehrgänge parallel geplant.

Für Alex Villiger ist es zentral, dass Arbeitnehmende aus unterschiedlichen Branchen zusammenkommen, um von einem gegenseitigen Wissensaustausch profitieren zu können. Das übergeordnete Ziel dieser Initiative lautet «Graubünden weiterzubilden» und Mitarbeitende aller Branchen auf die steigenden, sich verändernden Anforderungen vorzubereiten – so, dass Graubünden die digitale Transformation aus einer Position der Stärke gestalten und als Chance nutzen kann. Wenn zahlreiche Unternehmen aus verschiedenen Branchen an diesem zukunftsversprechenden Projekt teilnehmen, entwickelt der Kanton Graubünden einen Arbeitsmarkt mit den künftig erforderlichen Jobprofilen, die gleichzeitig zu einer höheren Wertschöpfung beitragen.

«Das vorliegende Weiterbildungsprojekt verdeutlicht an einem konkreten Beispiel, wie die Kooperation zwischen der FH Graubünden, den Wirtschaftsakteuren und der öffentlichen Hand zu verheissungsvollen Lösungen führen kann, die eine nachhaltige Wirkung auf die Entwicklung und die Wertschöpfung unseres Wirtschaftsraumes haben werden», sagt Alex Villiger. Zurzeit finden mit dem Kanton und verschiedenen Unternehmen Kooperationsgespräche im Sinne der Weiterbildungsoffensive statt. Das Projekt steht im Begriff, zu einem Sprungbrett für eine kantonsweite Weiterbildungsoffensive zu werden.