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Sprung ins lauwarme Wasser: die virtuelle FH Graubünden
Der Sprung ins lauwarme Wasser: die virtuelle FH Graubünden

Der Sprung ins lauwarme Wasser: die virtuelle FH Graubünden

Die Covid-19-Pandemie und ihre Folgen haben auch im E-Learning-Bereich neue Massstäbe gesetzt und Möglichkeiten sowie Grenzen von digitaler Lehre und Weiterbildung aufgezeigt. Wie war die Situation der Online-Lehre an der Fachhochschule Graubünden «vor Corona»? Was ist in den vergangenen Monaten geschehen und was für Erfolgsmomente gibt es für die Zukunft? Antworten darauf – und welche unterstützenden Rahmenbedingungen für die Zukunft nötig sind – sollen in diesem Beitrag aufgezeigt werden.

Text: Judith Hüther / Bilder und Grafiken: FH Graubünden, Uwe Mueller

Was war? (die Zeit vor Covid-19)

Von Leuchttürmen und Blumenwiesen

Schon seit vielen Jahren werden an der FH Graubünden im Rahmen der Strategie in der Lehre vielfältige Blended-Learning-Ansätze verfolgt. Als Leuchttürme bezeichnet werden können beispielsweise einzelne Module und Lehrveranstaltungen, die schon lange auf Online-Anteile bauen und diesbezüglich kontinuierlich weiterentwickelt werden. Diese werden etwa mit eigenen und offenen Lernressourcen (OERs) angereichert und über das Semester hinweg mit formativen Online-Assessments ergänzt – oder es werden ganze Projekte mit Studierenden über die Online-Lernplattform Moodle abgebildet.

Neben diesen Leuchttürmen existierten in der Zeit vor Covid-19 an der FH Graubünden zudem bereits verschiedene weitere Möglichkeiten, um die Lehrveranstaltungen und insbesondere das Selbststudium mit Online-Elementen zu bereichern – ähnlich einer vielfältigen Blumenwiese. Beispiele dafür sind etwa die konsequente Nutzung von Diskussionsforen auf Moodle, auf der Lernplattform erteilte Vorbereitungsaufträge für den Unterricht oder die Möglichkeit, dort auch Gruppenarbeiten oder Lernportfolios/-tagebücher zu diskutieren und Feedbacks zu geben. Es war an der FH Graubünden also schon eine gute Basis vorhanden für den «Sprung ins kalte Wasser», der mit der Schliessung der Hochschulen im Frühjahr 2020 erfolgte, sodass das Wasser nicht ganz so kalt war und alle den Kopf danach (mehr oder weniger) über Wasser halten konnten.

Einzelne Leuchttürme, Module und Lehrveranstaltungen, die schon lange auf Online-Anteile bauen, existierten an der FH Graubünden schon lange vor Covid-19.

Was ist?

Von Frühlingsblühern und verwurzelten Pflanzen

Seit der zeitweiligen Umstellung auf den Distanzunterricht hat sich viel getan an der FH Graubünden. Alle Beteiligten haben ihre Lehrveranstaltungen innert kürzester Zeit auf Online-Formate umgestellt. Dazu zählt der flächendeckende Umgang mit Videokonferenzsystemen ebenso wie die konsequente Verwendung der Lernplattform Moodle. Pro Klasse wurden zwei studentische Supporterinnen und Supporter eingesetzt, die neben technischer Unterstützung auch Feedback an die Lehrpersonen gaben sowie die Lehre als Ganzes bewerteten. Im ersten Halbjahr 2020 wurden auf diese Weise mehr als 600 Feedbacks abgegeben. Es fanden 56 Schulungen durch das Blended Learning Center statt, bei denen alle Lehrpersonen und die Studierenden mit den Neuerungen und didaktischen Anforderungen vertraut gemacht wurden. Das Spektrum dieser Schulungen reichte von Themen wie der Einführung in die Lernplattform Moodle oder in das Videokonferenzsystem Webex bis hin zur Gamification oder der Arbeit mit kollaborativen Werkzeugen.

Eindrückliche Zahlen zeigen denn auch den schnellen Übergang zur virtuellen FH Graubünden mit Distance Learning und hybridem Learning: Im ersten Halbjahr 2020 nahmen knapp 80 000 Teilnehmende an über 10 000 Webex-Meetings teil. Auch die rund 300 Prüfungen im Frühjahr 2021 fanden erfolgreich virtuell statt. Mündliche Prüfungen wurden über das Videokonferenzsystem abgehalten und die schriftlichen Arbeiten wurden auf Open-Internet- bzw. Open-Book-Prüfungen umgestellt.

Eng begleitet wurde die Umstellung auf eine virtuelle Fachhochschule auch von der IT. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet auch heute noch der Moodle-Kurs «virtuelle FHGR». Dieser beinhaltet einen regelmässigen Newsletter aus dem Prorektorat und dem BLC, zahlreiche Schulungsangebote und Anleitungen, interaktive Toolsammlungen, Screencasts sowie Videoaufzeichnungen von Tutorials und Webinaren. Die wichtigsten Ansprechpersonen sowie die Termine für die wöchentlichen Sprechstunden sind dort ebenfalls aufgeführt. Auf diese Weise ist auch die Weiterentwicklung der Lehrveranstaltungen gewährleistet. Neben neu eingeführten informellen Online-Formaten bietet das Format «Inspiration Distance Learning» als Webinar für alle Lehrpersonen zudem regelmässig eine Plattform für thematische Impulse und den Austausch untereinander.

Die Feedbacks der studentischen Supporterinnen und Supporter verschafften einen guten Einblick in die Lehre und zeigten deutliche Verbesserungen des Unterrichts sowie eine klare Zunahme der Interaktionen auf. So schlägt das vergangene Jahr mit all seinen Mühen nun Wurzeln und trägt Früchte.

Die regelmässigen Feedback-Runden mit den studentischen Supporterinnen und Supporter ermöglichten wertvolle Verbesserungen des Unterrichts.

Was bleibt? (die Zeit nach Covid-19)

Vom FHGR-Campus-Garten

Was aber nehmen wir nun mit in die Zeit des «neuen Normal» an der FH Graubünden? Die Zeit im Distance Learning hat aufgezeigt, dass der Einsatz möglichst vieler digitaler Tools nicht nur förderlich ist. Manche Studierende sind von der Vielfalt rasch überfordert und es empfiehlt sich deshalb ein wohlüberlegter, didaktisch sinnvoller Einsatz der vielfältigen neuen Möglichkeiten.

Sicher werden die neuen Tools und technischen Möglichkeiten weiter genutzt, es wird weiterhin mit Videokonferenzen, Online-Whiteboards oder Brainstorming-Werkzeugen gearbeitet werden und vermutlich finden auch künftig in den neu mit Webcams und Funkmikrofonen ausgestatteten Vorlesungsräumen Videoaufzeichnungen des Unterrichts statt. Die Erfahrungen aus den online durchgeführten Leistungsnachweisen und die Tatsache, dass vermehrt Open-Book-Prüfungen stattgefunden haben, werden sich nachhaltig auf die Qualität der Prüfungen auswirken.

Doch welche Erfahrungen, Kompetenzen und Erkenntnisse können wir weiter ausbauen? Mit dieser Frage hat sich bereits im Sommer 2020 eine Task Force auseinandergesetzt und die Umfrageergebnisse von FHGR-Studierenden und -Lehrpersonen ausgewertet. Die Erkenntnisse daraus werden in der Strategieperiode 2021–2024 im Entwicklungsschwerpunkt Innovatives Lebenslanges Lernen (iL3) in den Themenbereichen Didaktik, Infrastruktur und Kompetenzen weiterverfolgt (siehe Fokusbeitrag Seite x).

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass der Interaktion beim Lernen eine grosse Bedeutung zugesprochen wird. Online kann diese mit Foren, kollaborativen Aufgaben und Arbeiten im begleiteten Selbststudium stattfinden. Die grosse Stärke der FH Graubünden als Präsenzhochschule mit ihren kleinen Klassen und der familiären Atmosphäre bleibt jedoch die Live-Interaktion vor Ort mit ihrem unkomplizierten Austausch untereinander. Kombiniert mit der neuen Qualität des Selbststudienmaterials, formativen Feedbacks und aktivierenden Elementen auf der Lernplattform wird diese Lehr- und Lernform zu einer echten Bereicherung. Und so können wir uns bereits jetzt über den «Lern-Garten» der FH Graubünden freuen. Nun gilt es, diesen zu pflegen und weiterhin Aufmerksamkeit und Raum zur Weiterentwicklung zu schaffen.

Im Verlauf der Pandemie zu virtuellen Profis geworden: Die Zugriffe auf die unterstützende Moodle-Seite «virtuelle FHGR» gingen laufend zurück.

Beitrag von

Judith Hüther, Leiterin Blended Learning Center (BLC)