«Was geschieht mit meinen Daten?»
Die Digitalisierung durchdringt mittlerweile so gut wie jeden Bereich des Lebens und die Menschen hinterlassen immer mehr Spuren im Netz. Deshalb ist es wichtig, dass sie sich dieser Tragweite bewusst sind und die Kontrolle über ihre Daten behalten. Studierende der FH Graubünden haben an einem Swissuniversities-Projekt mitgearbeitet, das junge Erwachsene sensibilisieren und mehr über ihr Verhalten und ihre Einstellung dazu erfahren will.
Text: Caroline Dalmus, Urs Dahinden / Bild: Anna Shvets / Grafiken: FH Graubünden
Egal ob zwischenmenschliche Kommunikation im beruflichen oder privaten Kontext, Alltagsgeschäfte wie Banküberweisungen, Einkäufe und die Planung des nächsten Urlaubs oder die Zusammenarbeit in Projekten und im Studium: Digitale Anwendungen und Prozesse vereinfachen den menschlichen Alltag und liefern somit einen klaren Nutzen für die Gesellschaft. Sie führen aber auch zu Veränderungen, derer sich die Menschen bewusst sein müssen. Insbesondere ist es von grosser Bedeutung, dass sich online getätigte Aktivitäten und Äusserungen vielfach nicht mehr «verflüchtigen». Google Maps beispielsweise erstellt ein detailliertes Bewegungsprofil, sofern nicht der Inkognito-Modus eingestellt wurde. Bilder, Meinungen und private Chats werden auf meist ausländischen Servern gespeichert und Daten zu Online-Einkäufen geben detaillierten Aufschluss über Präferenzen und Kaufgewohnheiten. Dies ist per se nicht schlimm, allerdings ist es wichtig, dass Menschen sich dieser Tragweite bewusst sind und über Möglichkeiten und Kompetenzen verfügen, die Kontrolle über ihre eigenen Daten zu behalten.
Privatheit im Internet
Insbesondere Jugendliche nutzen diverse Anwendungen regelmässig und in grossem Umfang, weshalb es wichtig ist, dass gerade sie aufgeklärt sind. Nicht zuletzt deshalb kommt dem Erwerb von Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien ein hoher Stellenwert zu, auch im Lehrplan 21, der für alle Kantone der Deutschschweiz gilt. Zentral ist unter anderem die sogenannte Data Privacy Literacy, welche sowohl deklaratives Wissen (Kenntnisse über Zusammenhänge) als auch prozedurales Wissen (wie etwas gemacht wird) über Privatheit im Internet beschreibt. Doch wie erfolgreich erlangen Jugendliche und junge Erwachsene durch Unterrichtseinheiten Data Privacy Literacy? Und wie schätzen sie ihr eigenes Wissen zu Fragen rund um das Thema Datensicherheit ein?
Mit diesen und anderen Fragen befasst sich das laufende Swissuniversities-Projekt «Was geschieht mit meinen Daten?». Im Rahmen eines Projektkurses im Frühlingssemester 2019 haben Informationswissenschafts-Studierende der FH Graubünden aktiv am Projekt mitgearbeitet und erste Versionen von Unterrichtsmaterial für Hochschuldozierende entwickelt, welche im anschliessenden Unterrichtseinsatz durch andere Studierende getestet wurden. Neben der Sensibilisierung junger Erwachsener und der Erhöhung ihrer Handlungskompetenzen hinsichtlich des Schutzes ihrer eigenen Daten verfolgt die Studie ein weiteres Ziel: Mehr über ihr Wissen, ihr Verhalten und ihre Einstellungen zu erfahren. Zu diesem Zweck wurden im Zeitraum November 2019 bis Februar 2020 insgesamt 159 Studierende der Fachhochschule Graubünden und der Pädagogischen Hochschule Graubünden an zwei unterschiedlichen Tagen befragt. Zwischen diesen beiden Befragungen nahmen sie an zwei Lehreinheiten zu den Themen Data Privacy und Identitätsdiebstahl teil.
Studierende sind kritischer, als angenommen
Mit Blick auf die Datenpreisgabe zeigte sich, dass fast alle befragten Studierenden in den zwei Monaten vor der Befragung ihren Namen, ihre Mailadresse sowie das Geburtsdatum online geteilt hatten. Auch Postanschrift, Handynummer, Fotos und Videos sowie Kreditkartendaten wurden von mehr als der Hälfte aller Studierenden bei der Nutzung digitaler Angebote preisgegeben. Interessant ist die Tendenz, dass Daten, die häufig geteilt werden, seltener als «persönlich» empfunden werden als solche, die weniger oft geteilt werden (vergleiche Abbildung 1).
Des Weiteren zeigte sich auch, dass die Studierenden – entgegen häufiger Annahmen – eine eher kritische Einstellung gegenüber Datensammlungspraktiken haben, Massnahmen im Bereich des Datenschutzes für sinnvoll halten und auch die Anwendung von Datenschutzstrategien, wie beispielsweise das regelmässige Wechseln von Passwörtern, als sinnvoll erachten. Demnach kann das Sicherheitsbewusstsein der Befragten als eher hoch eingestuft werden. Tatsächlich ergriff ein Teil der Studierenden nach den Unterrichtseinheiten sogar aktive Massnahmen: 36 % fühlten sich motiviert, sich intensiver mit dem Thema Datensicherheit auseinanderzusetzen, 34 % gaben das gelernte Wissen an andere Personen weiter, 28 % änderten ihr Passwort, 35 % überprüften ihre Privatsphäre-Einstellungen und 22 % verschärften diese sogar.
Wirksame Lehreinheiten
Durch den Unterrichtseinsatz konnte das subjektive Wissen der Studierenden zu Schutzmöglichkeiten im Internet erhöht werden. Während bei der ersten Befragung vor den Lehreinheiten mehr als die Hälfte aller Studierenden ihr Wissen in verschiedenen Bereichen als schlecht oder sehr schlecht einstuften, gaben bei der zweiten Befragung 32 % an, durch die Unterrichtseinheiten etwas Neues gelernt zu haben. Darüber hinaus betonten 66 % der Befragten, dass sie Lehreinheiten rund um das Thema Datenschutz an Hochschulen für wichtig halten.
Auch auf das objektive Wissen scheinen die Unterrichtseinheiten einen positiven Effekt gehabt zu haben: Wurden bei der ersten Befragung von insgesamt 20 Fragen im Wissenstest nur durchschnittlich neun richtig beantwortet, so lag die Anzahl der korrekten Antworten bei der zweiten Befragung mit durchschnittlich 13 signifikant höher (Abbildung 2). Ob die besseren Testergebnisse direkt aus dem im Unterricht vermittelten Wissen resultieren, lässt sich natürlich nicht eindeutig belegen. Möglich ist auch, dass der Unterricht dazu motiviert hat, sich verstärkt mit dem Thema auseinanderzusetzen, und dass dies zu mehr Wissen geführt hat. Unabhängig von einer Erklärung gilt es jedoch festzuhalten, dass Unterrichtseinheiten wie diese positive Impulse setzen können, was insbesondere für den Einsatz an pädagogischen Hochschulen von Bedeutung ist: Denn künftige Volksschullehrpersonen können so in ihrer Datenkompetenz gestärkt werden und ihre Kenntnisse im Rahmen ihrer künftigen Berufstätigkeit gemäss Lehrplan 21 an die Schülerinnen und Schüler der verschiedenen Volksschulen weitergeben.
Beitrag von
Caroline Dalmus
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft
Urs Dahinden
Professor, Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft