你好在库尔 – Allegra a Cuira!
Zum Auftakt des Herbstsemesters 2018 hiess das Institut für Tourismus und Freizeit die ersten vier Studentinnen des Joint Program Tourism der FH Graubünden und der Shanghai University of Engineering Science in Chur willkommen. Nach drei Jahren Studium im College-Programm an ihrer Heimatuniversität in China hatten sie alle Hürden gemeistert, um das letzte Jahr an der FH Graubünden absolvieren zu dürfen und hier gemeinsam mit ihren Schweizer Mitstudierenden einen Bachelorabschluss in Tourismus zu erwerben.
Text: Dr. Thuc Lan Tran / Bild: Dr. Thuc Lan Tran
Knapp 9000 Kilometer ist die chinesische Hafenmetropole Shanghai von Graubündens Hauptstadt Chur entfernt, und auch sonst trennt beide Länder auf den ersten Blick mehr, als was sie eint. Trotz aller anfänglichen Probleme meistern vier chinesische Studentinnen die Herausforderungen ihres Studiums an der FH Graubünden, um hier im September 2019 stolz und wohlverdient ihr Bachelordiplom in den Händen halten zu können.
Bessere Chancen dank ausländischem Diplom
Nach einem aufwändigen Visumverfahren und unterstützt vom International Office der FH Graubünden, traten die Studentinnen ihre weite Reise nach Graubünden an, im Gepäck grosse Vorfreude und hohe Erwartungen. Da sie ihren Aufenthalt in der Schweiz in Gänze aus eigener Tasche bezahlen, erhoffen sie sich durch ein Bachelordiplom einer renommierten Schweizer Hochschule bessere Chancen auf dem stark umkämpften heimischen Arbeitsmarkt. So sind laut Schweizerischer Botschaft in Beijing chinesische Studierende die grösste Gruppe aussereuropäischer Studierender in der Schweiz, wobei es die meisten eher in die Ballungsräume der Innerschweiz und weniger in die Ostschweiz zieht.
Kulturelle oder strukturelle Probleme?
Die Schweiz geniesst ein hohes Ansehen in China und so blickten die vier Studentinnen ihrem einjährigen Aufenthalt in Chur mit grosser Spannung entgegen. Die anfänglichen Probleme im Alltag («Wie funktioniert die Mülltrennung hier?») und im Studium («Welche Minors und Majors kann ich wählen?») waren schon bald überwunden, auch wenn Grundsätzliches wie tradierte Lernformen nicht von heute auf morgen verschwinden.
Es sind keineswegs nur kulturelle Eigenheiten, die das Verständnis erschweren, sondern vorwiegend strukturelle: Chinesische Studierende sind es gewohnt, im Klassenverband eng von ihren Dozierenden betreut zu werden – während in der Schweiz selbständiges und eigenständiges Lernen vorausgesetzt wird. Es ist in China ganz üblich, dass grosse Mengen Lernstoff ohne Wenn und Aber auswendig gelernt werden und dass aktives Sich-Einbringen im Unterricht eher negativ behaftet ist («Man stört den Lehrer nicht.»). Chinas Helikoptereltern und Tigermums sind berühmt-berüchtigt, während es in der Schweiz ganz ungewöhnlich ist, dass Eltern ihre Kinder eng im Studium begleiten und sich ständig einbringen. In China hingegen führen Dozierende gar WeChat-Gruppen mit den Eltern ihrer Studierenden, um diese noch engmaschiger auf Prüfungen vorzubereiten.
Andererseits wundern sich Chinesinnen und Chinesen darüber, dass man in der Schweiz noch am Bargeld hängt. Während man in China ganz selbstverständlich sogar zwei Äpfel auf dem Markt mit dem Smartphone und WeChatPay oder AliPay bezahlt, zückt man in der Schweiz den Geldbeutel und zahlt in bar. Die Digitalisierung in China schreitet mit Riesenschritten voran und lässt die Schweizer Gepflogenheiten scheinbar «altmodisch» anmuten.
Rückblick und Ausblick
Nach anfänglichem Heimweh konnten sich die vier Studentinnen bald besser in der nicht mehr so fremden Umgebung bewegen, auch wenn Missverständnisse hier und da nicht ausblieben. Sie schätzten das Entgegenkommen, die Freundlichkeit der Menschen und dass ihnen so viel Wertschätzung entgegengebracht wurde.
«Ich konnte immer jemanden fragen, wenn ich etwas nicht verstanden hatte», meint Charlotte lachend. «Das erste Semester war sehr hart», seufzt Karen, wenn man sie nach ihrer Erfahrung fragt, «aber im zweiten Semester war dann schon vieles verständlicher und übersichtlicher.» Sie überlegt ganz offen, ob sie noch ein Masterstudium in der Schweiz dranhängt.
Joint Program Tourism
Die FH Graubünden unterhält seit 2013 eine Bildungskooperation mit der Shanghai University of Engineering Science (SUES) mit dem Ziel, chinesische Touristikerinnen und Touristiker auf Hochschulniveau auszubilden. Innerhalb der FH Graubünden hat das Institut für Tourismus und Freizeit (ITF) den Lead und unterrichtet gemeinsam mit der SUES in Shanghai im Rahmen eines Joint Program Tourism gemäss schweizerischem Level «Höhere Fachschule».
Für die FH Graubünden ist es dabei entscheidend, Erfahrungen auf dem Gebiet der internationalen Hochschulzusammenarbeit zu sammeln und Kompetenzen zu erarbeiten, um beurteilen zu können, wie man auf dem riesigen chinesischen Markt Fuss fasst.
Auf strategischer Ebene (Hochschulleitung) finden zweimal jährlich Joint Management Committee Meetings statt, um wegweisende Entwicklungen zu besprechen, Feedbacks einzuholen und Verbesserungen auf den Weg zu bringen.
In insgesamt 15 Teilmodulen – die dem Bachelorstudium Tourismus an der FH Graubünden angeglichen sind – erhalten die SUES-Studierenden einen Überblick zu Themen wie Tourismusmarketing, Destinationsmanagement und kulturelle Studien. Das ITF leistet hier enorme Aufbau- und Entwicklungsarbeit und entsendet für das zweite und dritte Studienjahr FH Graubünden-Dozierende zu Lehreinsätzen nach Shanghai. Die besten Studierenden des Joint Program Tourism können sich für das letzte Studienjahr des Bachelorstudiums Tourismus (die in Englisch geführte Klasse) an der FH Graubünden bewerben und, falls sie die Aufnahmebedingungen erfüllen, innerhalb eines weiteren Jahres zusammen mit ihren Schweizer Kommilitoninnen und Kommilitonen den Schweizer Bachelorabschluss erwerben. Im Herbst 2018 traten die ersten vier Studentinnen aus China ihr letztes Studienjahr an der FH Graubünden an.
Beitrag von
Dr. Thuc Lan Tran
Programmleiterin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Tourismus und Freizeit