Objektüberwachung im Museum mittels Laserscanner
Für seine neu gestalteten Räumlichkeiten suchte das Museum für Gestaltung Zürich ein Objektsicherungssystem, welches sowohl den funktionalen als auch den optischen Anforderungen eines Design-Museums gerecht wird. Die Photonics-Experten der FH Graubünden konnten diese Herausforderung mit einem «unsichtbaren Vorhang» meistern.
Text: Gion-Pol Catregn, Flurina Simeon / Bild: Aline Gsell / Film: Aline Gsell
Das Museum für Gestaltung Zürich ist das führende Schweizer Museum für Design und visuelle Kommunikation. Seit seiner Gründung im Jahr 1875 nimmt es auf, was als Gestaltung wirksam ist. Seine Sammlung vereint über eine halbe Million Objekte der Grafik- und Design-Geschichte und ist von internationaler Bedeutung. Das Museum für Gestaltung will den Besucherinnen und Besuchern ein neues Museumserlebnis bieten. Einige der Exponate sollen offen – also nicht hinter Glas – präsentiert werden. Trotzdem sollen sie dabei vor Berührungen geschützt werden. Auf der Suche nach einer Lösung kam das Museumsteam auf die FH Graubünden zu. Das Institut für Photonics und ICT (IPI) bekam den Auftrag, das Museum für Gestaltung bei der Erarbeitung und Implementierung einer robusten Lösung für die Absicherung der Exponate zu unterstützen.
Situation vor Ort
Als das Projekt startete, befand sich das Museum mitten im Umbau. Die Pläne sowie ein Besuch vor Ort zeigten auf, dass die geplante Absicherung in zwei Räumen zur Anwendung kommen sollte. Im ersten Raum stehen grosse Tische, auf denen die Ausstellungsstücke offen präsentiert werden. In diesem Raum bestand das Ziel darin, die Tischumrandung in einer gewissen Tiefe bis zur Decke hin zu überwachen. Der andere Raum ist seinerseits in mehrere kleinere Räume unterteilt, welche die frühere Möblierung von Wohnungen zeigen. Hier ging es darum, die einzelnen Räume abzusichern.
Evaluation
Die Evaluation umfasste Erfahrungswerte und einige Recherchen im Zusammenhang mit der Objektüberwachung. Dabei wurden vier in Frage kommende Systeme einander gegenübergestellt. Die nachfolgende Tabelle fasst die Einschätzungen zusammen.
Es kristallisierten sich zwei geeignete Systeme heraus: das Lichtgitter und der Laserscanner. Aufgrund des geringen Installationsaufwands schien der Laserscanner die beste Variante zu sein. Um diese erste Wahl zu untermauern, wurde ein Laserscanner der Firma Sick im Photonics-Labor untersucht. Dabei wurden das Funktionsprinzip sowie der Einfluss von Störfaktoren auf den Laserscanner eingehend evaluiert. Die Versuche überzeugten auf Anhieb und so konnte dieses System dem Museumsteam als Vorschlag unterbreitet werden. Man hat dann entschieden, eine Einheit zu designen, welche die Speisung, die Verkabelung, den Laserscanner und das Alarmhorn vereint. Die Einheit soll an die vorhandene Stromschiene angeschlossen werden können.
Umsetzung
Die FH Graubünden übernahm die Auswahl der geeigneten Komponenten für die geplanten Laserscanner-Einheiten. Ein Mitarbeiter des Museums erarbeitete das Design des Gehäuses für den Scanner. Dabei entstanden Laserscanner-Einheiten, die wie ein Scheinwerfer aussehen und die auch genauso an die Stromschiene montiert werden können. Im zweiten Raum wurden diese Einheiten in die herabgesetzte Decke eingelassen. Damit konnte eine mobile, robuste und zugleich diskrete Lösung realisiert werden.
Funktionsprinzip
Die montierten Laserscanner-Einheiten funktionieren wie eine unsichtbare Wand, die auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt werden kann. Über jedem Tisch wurden vier Scanner angebracht, um alle Seiten zu schützen. Im zweiten Raum schützt jeweils ein Scanner die einzelnen Unterräume und Bereiche vor ungebetenen Gästen. Die Schaltschwellen für jede Seite der Laserlinie kann für den Scanner über eine entsprechende Software eingestellt werden. Sobald nun ein Objekt in den Scanbereich eindringt und diese Schwelle überschreitet, ertönt ein penetranter Alarm, woraufhin eine Aufsichtsperson erscheint und nachschaut, was geschehen ist.
Inbetriebnahme und Kalibrierung
Die Kalibrierung der einzelnen Schaltschwellen erfolgt pro Sensor. Mit diesem System ist es möglich, Exponate, die sich in der Laserlinie befinden, aus dem Überwachungsbereich auszuschliessen. Nicht ganz einfach war es, einen guten Kompromiss zwischen Objektschutz und unbeabsichtigter Alarmauslösung zu finden. So sollte ein Raum geschützt werden, wenn jemand versucht, den Raum zu betreten. Ein zufälliges Vorbeihuschen mit einer Handtasche darf den Alarm jedoch nicht auslösen. Möbel, die sich in der Überwachungslinie des Lasers befinden, konnten aus optischen Gründen nicht immer umplatziert werden. Glücklicherweise besteht bei diesem System die Möglichkeit, solche Möbel aus dem Überwachungsbereich auszuschliessen.
Fazit
Die FH Graubünden durfte mit dem Museum für Gestaltung ein sehr interessantes Projekt realisieren. Gemeinsam konnte eine robuste, flexible und unauffällige Absicherung von offenen Exponaten entwickelt werden. Erste kleinere Justierungen der einzelnen Scanner wurden vor Ort bereits vorgenommen. Bis dato macht dieses Überwachungssystem aber genau das, wofür es designt wurde. Das IPI-Team sammelt mit diesem einzigartigen System Erfahrungswerte zum Thema Objektüberwachung. Wann immer Sie das Museum für Gestaltung Zürich besuchen: Halten Sie Ausschau nach den Laserscannern an der Decke.
Interview mit dem Museumsdirektor
Flurina Simeon: Was wollten Sie mit dem Umbau des Museums erreichen?
Christian Brändle: Das Museum für Gestaltung Zürich hat eine weitreichende Sammlung von rund 500’000 Objekten, welche zum ersten Mal in der Geschichte dieses Hauses alle gezeigt werden können. Für uns war es ein prioritäres Ziel, diese Sammlungsobjekte möglichst zugänglich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dies spiegelt auch die Philosophie des Museums wider, Zugänglichkeit zwischen den Exponaten und unseren Besucherinnen und Besuchern zu ermöglichen. Die Objekte sollen also nicht hinter einer grossen Abschrankung oder dicken Glasscheibe verschwinden, sondern wirklich offen präsentiert werden. Für diese Herausforderung haben wir nach einer speziellen Lösung gesucht.
Weshalb ist eine Glasscheibe problematisch?
Das Hauptproblem bei Glas ist, dass es Distanz schafft. Aus Sicherheitsgründen ist dies positiv – doch Glasscheiben verschmutzen schnell, durch Staub und viele Fingerabdrücke. Die Beziehung zwischen dem Objekt und dem Menschen wird durch die Glasscheibe unterbrochen. Wir möchten unsere Sammelobjekte, die ja auch im Alltag verwendet wurden, offen zeigen. Das Museum soll heute nicht mehr eine Institution sein, die von einem Sockel herab «die Welt erklärt», sondern Ort einer Debatte.
Wodurch ersetzen Sie heute die Sicherheit des Glases in Ihrer Ausstellung?
Bereits in einer frühen Phase des Umbaus waren wir auf der Suche nach einem Alarmsystem, das eine unsichtbare Grenze zieht. Ein Überschreiten dieser Grenze sollte einen Alarm auslösen. Gemeinsam mit der FH Graubünden konnten wir ein tolles System entwickeln, das in Form eines Industrieprodukts einen unsichtbaren Vorhang bildet – und wenn man durch ihn hindurchgreift, löst dies einen Alarm aus. Die Schwierigkeit im Raum mit der Objektinsel war, dass das Publikum um diese Tische herumlaufen können sollte. Da ging es für uns darum, zu wissen, welche Nähe noch zulässig ist und ab wann ein Alarm ausgelöst werden soll. Die vom System festgelegte Ebene ist grundsätzlich unendlich gross, weshalb das System so eingerichtet werden musste, dass es genau weiss, ab wann ein Alarm ausgelöst werden soll. Dass dies gelungen ist, freut uns sehr. Ich glaube, dieses System wird Schule machen.
Können Sie also zukünftig nie mehr diesen Ausstellungsraum verändern?
Nein, der Raum kann jederzeit neu eingerichtet werden. Das System basiert auf einem Laserscanner, der den Bedürfnissen entsprechend kalibriert wird. Sobald Veränderungen in der räumlichen Situation vorgenommen werden, schliessen wir den Scanner wieder an das Programm an, schauen, was er «sieht», und bringen dem System mit wenigen Mausklicks bei, ab wo ein Alarm ausgelöst werden soll.
Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit der FH Graubünden erlebt?
Die Zusammenarbeit mit der FH Graubünden war für uns äusserst positiv und professionell. Das Projekt – und somit die Zusammenarbeit – entwickelte sich über mehrere Stufen, von der Systemevaluation über den Bau eines Prototypen (in der Hochschule) bis zur Installation hier bei uns im Museum zur Optimierung der System-Kalibrierungen. Wir konnten von einem kompetenten Partner profitieren, der uns stets – soweit wie nötig – das technische Know-how vermittelt und gleichzeitig das Projekt selbstständig vorangetrieben hat. Ich kann dieses Team nur weiterempfehlen.
Das System ist nun seit einigen Wochen in Betrieb. Wie reagieren die Besucherinnen und Besucher?
In der Regel reagiert das Publikum gar nicht, da es das System gar nicht bemerkt. Erst bei einer Überschreitung geht der Alarm los. Wenn ein Alarm ausgelöst wird, dann erschrecken die Besucherinnen und Besucher, was ja genau die Idee ist. Dieses System erfüllt einen doppelten Zweck: Zum einen hinsichtlich der Prävention, so dass jemand mit einer kriminellen Absicht, der vor Ort die Grenzen auslotet, bemerkt, dass die Objekte gesichert sind. Zum anderen besteht in Museen wie dem unsrigen das Problem, dass unsere Objekte alle im Alltag verwendet werden können. Es ist folglich eine Sensibilisierung erforderlich, um dem Publikum aufzuzeigen, dass diese Alltagsgegenstände jetzt Sammlungsobjekte sind und deshalb nicht berührt werden sollten.
Eine der Anforderungen an das System war ja auch, dass es den Design-Ansprüchen Ihres Museums gerecht wird. Wie haben Sie dies erreicht?
Grundsätzlich sollte ein Alarmsystem auch als solches erkannt werden, es muss also nicht kaschiert werden. Im konkreten Fall haben wir, in Zusammenarbeit mit der FH Graubünden, das System von der Gestaltung her so ausgelegt, als ob es ein Element der Beleuchtungskörper an der Decke ist. Gestalterisch fällt das Gerät also gar nicht auf. In sich ist es ein komplexes System, mit Netzteil, Scanner und weiteren Komponenten, welche alle kompakt in einen Metallkörper eingebaut wurden. Aber ästhetische Ansprüche müssen dabei nicht erfüllt werden, das System muss vor allem funktionieren.
Beitrag von
Gion-Pol Catregn
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Photonics und ICT (IPI)
Flurina Simeon
Kommunikationsbeauftragte der FH Graubünden