«Wir bringen zwei Welten zusammen»
Der Mann hat viel Geduld, wenn es um Herzensangelegenheiten geht und wenn er von einer Sache überzeugt ist. So eine Herzensangelegenheit sind Bauten mit Geokunststoffen. Jahrelang schon befasst er sich damit, speziell mit dem vielversprechenden KTI-Forschungsprojekt «Nachhaltiger Erosionsschutz mit Schweizer Holzwolle».
Text: Karin Huber / Bild: Yvonne Bollhalder
Eine andere Herzensangelegenheit von Imad Lifa, der das Institut für Bauen im alpinen Raum (IBAR) leitet, ist es, die beiden Welten Ingenieurbau und Architektur zusammenzubringen, zu vernetzen und die Fachleute untereinander für die Anliegen beider Disziplinen zu sensibilisieren.
«Viele der Komplikationen bei Bauten sind auf schlechte Kommunikation zwischen Architekt und Ingenieurin zurückzuführen. Wenn jede/r nur für sich plant, kommt es oft zu Fehlleistungen. Wir an der FH Graubünden setzen uns deshalb dafür ein, dass sie frühzeitig, also bereits in der Planungsphase, miteinander reden.»
Ingenieurbau und Architektur
Das Bachelor-Studium Ingenieurbau/Architektur bietet den Studierenden den einzigartigen interdisziplinären Austausch über beide Fachrichtungen. «Und das», so Lifa, «ist ein Glücksfall für alle. Durch diesen interdisziplinären Dialog mit Fokus auf die Erarbeitung von praxisorientierten Projekten und Zielsetzungen für den Alpenraum wird es möglich, Neues entstehen zu lassen».
«Bei allem was wir tun muss die Identifikation mit dem alpinen Raum klar erkennbar sein.»
Imad Lifa, Institutsleiter
Modelle, Projekte, Anker, Lärmschutz
Imad Lifa nimmt uns mit auf einen Rundgang durch das Untergeschoss des «Ateliers» an der Pulvermühlestrasse 80, weist auf die zahlreichen Architekturmodelle hin, zeigt sodann die in einem FH Graubünden-Projekt entwickelte Ankerzugmaschine, mit der auf einfache Art Anker, eingesetzt in Steinschlag-, Lawinen- und Hangverbauungen, geprüft werden können. «Von diesen Maschinen», erklärt er, «gibt es momentan nur gerade zwei. Wir hoffen nun, dass unsere Ankerzugmaschine in Forschungsprojekte aufgenommen wird.» Lifa führt uns weiter zu einer Wand, gebaut aus alten Brettern. Sie ist flexibel und formbar und wäre als Lärmschutzwand zu gebrauchen, räumt Lifa ein.
Der Ingenieur, der sich auf Geokunststoffe spezialisiert hat, redet sich warm, wenn es um Forschungsprojekte geht. Er entwickelt nicht nur eigene Projekte, sondern referiert auch darüber vor seinen Studierenden oder an auswärtigen Fachvorträgen. «Alle Projekte», so Lifa, «müssen zu unserer Zielsetzung innerhalb der angewandten Forschung passen und damit zum alpinen Raum – vor allem in Graubünden – und zum Tourismus.» Zu den Aushängeschildern in Lifas Institut zählen nicht nur Hangsicherungsprojekte wie «Erosionsschutz mit Holzwolle», sondern ebenso Siedlungsprojektemit verdichteten Dorfbildern. «Es ist uns wichtig, Projekte zu entwickeln, die auch in die Lehre integriert werden können.»
Gut gefüllte Tage
Da sich Imad Lifa mit einem breiten Themenmix von Lehre, Forschung, Weiterbildung und Dienstleistung beschäftigt, sind seine Arbeitstage meistens mehr als ausgefüllt: Studierende unterrichten, Projekte aufgleisen und organisieren, Forschungs- und Entwicklungsgelder akquirieren, mit Verbänden sowie Wirtschaftspartnerinnen und -partnern verhandeln, Fachtagungen organisieren, Aufträge erteilen und Diskussionen führen mit Mitarbeitenden, der Hochschulleitung und den Studierenden. Dazu kommen noch umfassende Verwaltungsaufgaben, Budgetierung und Rechnungslegung sowie Publikationen in Fachzeitschriften.
Jeder Tag ist anders. Für Imad Lifa heisst das: flexibel sein und Prioritäten setzen. Seine Arbeiten baut er vorab um seine fixen Termine herum auf. «Montags nehme ich vor allem auswärts Termine wahr. Es ist für mich mein geistiger Ruhetag, an dem ich mich entspannt der Forschungsarbeit widmen kann. Der Dienstag ist unterrichtsfrei und hat sich als der grosse Sitzungstag etabliert.»
Mit alpinem Raum identifizieren
Nach dem Rundgang stehen wir wieder im kleinen Büro des Ingenieurs und Forschungsbegeisterten. «Bei allem was wir tun», ruft er in Erinnerung, «muss die Identifikation mit dem alpinen Raum klar erkennbar sein.» So haben auch alle Forschungsprojekte in den Bereichen Architektur und Ingenieurbau mit dem alpinen Raum zu tun. «Denn wir greifen typische alpine Probleme auf, beschäftigen uns mit Naturgefahren gleichermassen wie mit Tunnelbau, Brückenbau und Architektur und machen diese nach aussen sichtbar. Und so schärft das Bachelor-Studium Ingenieurbau/Architektur an der FH Graubünden die Wahrnehmung für alpine Probleme und für die Bauten in dieser Landschaft».