Abschied von Silvia Simon: Rückblick und Würdigung
Manche Menschen strahlen eine innere Grösse und eine Präsenz aus – so wie Silvia Simon. Mit ihrer Natürlichkeit, ihrer Herzlichkeit, ihrer Offenheit, ihrem Humor und ihrem Engagement in ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit an der FH Graubünden war sie ein Vorbild für ihre Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen sowie Studierenden. Ein Rückblick auf die Zeit mit Silvia Simon.
Text: Karin Huber / Bild: FH Graubünden
«Das Denkmal für Silvia Simon wird sicherlich gross, unübersehbar und unvergesslich sein», schrieb Marion Patzelt, Direktorin des Biohotels Ucliva, Waltensburg, angelehnt an Albert Schweitzers Zitat, «Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen der Mitmenschen», nachdem sie vom unerwartet schnellen Tod von Simon erfahren hatte. Marion Patzelt kannte sie von verschiedenen Tourismus-Projekten, die Silvia Simon leitete und begleitete. Egal wie die Menschen zu Silvia Simon standen, ob sie privaten oder beruflichen Kontakt hatten, sie schätzten ihre Menschlichkeit, ihre kompetente Art und ihr grosses Engagement. Silvia Simon ist am 7. April 2015 im Kreise ihrer Lieben an Krebs gestorben. Ihr Mann Harry Scharnweber und ihr Sohn John Charles haben ihr in ihren Krankheitszeiten enorm viel Kraft gegeben. Bis zuletzt glaubte sie daran, wieder gesund zu werden.
Die Forscherin
Silvia Simon war seit Herbst 2007 Professorin für Volkswirtschaftslehre und Angewandte Statistik in den Bachelor-Studiengängen Tourismus und Betriebsökonomie, Research Design in den Master-Studiengängen sowie Forschungsprojektleiterin am Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung ZWF. Sie hat thematisch sehr vielseitig geforscht. Ihre Forschungsthemen zu Arbeit und Familie, darunter verschiedene Projekte zu Kindertagesstätten, bei dem sie vor allem mit Claudia Zogg eng zusammen arbeitete, waren für sie immer ausgesprochen wichtige Anliegen.
«Wenn ich mich auf nur drei exemplarische Bereiche beschränken muss, so waren dies Tourismus und Biolandwirtschaft, familienergänzende Kinderbetreuung sowie Fachkräftemangel, die Silvia als Forschungsthematik an der FH Graubünden eingeführt hat», erinnert sich Rektor Jürg Kessler gerne. «Silvia hat mit ihren Ideen und Themen unsere Forschung immer wieder bereichert. Ihre Ideen und Themen werden wir auch in Zukunft bearbeiten und so ihr Erbe aufrechterhalten».
«Ihr Erfolg lag auch darin, dass sie komplexe Zusammenhänge verständlich und klar weitergeben konnte.»
Jürg Kessler, Rektor
Kessler betont weiter: «In den knapp acht Jahren ihrer Zeit an der FH Graubünden kamen 133 Medienberichte über Silvias Forschungstätigkeit zusammen – notabene alle positiv und ausgesprochen viele sehr ausführlich. Silvia hat ebenfalls hier aktiv zur Reputationssteigerung unserer Hochschule beigetragen.»
Die Arbeitskollegin und Freundin
Silvia Simon, welche ad interim (2011/2012) auch die Forschungsstelle für Wirtschaftspolitik FoW, das heutige Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung (ZWF), leitete, führte im Mai 2012 Werner Hediger in dessen neue Aufgaben als Forschungsstellenleiter ein. Werner Hediger: «Sie hat mich bei meinem Einstieg sehr unterstützt. Später arbeiteten wir gemeinsam an diversen Projekten, darunter «Wertschöpfung durch Naturpärke» sowie «Biolandwirtschaft und Tourismus». Beide Projekte laufen noch. Sie sind ein Erbe von Silvia und liegen mir sehr am Herzen.»
Während ihrer Krankheit hat Werner Hediger teilweise Projekt-Stellvertretungen von ihr übernommen. «Wir haben auch in dieser Zeit fokussiert zusammen gearbeitet. Selbst als es Ihr krankheitshalber nicht so gut ging, war sie immer extrem engagiert und zuverlässig und zeigte ein unglaubliches Commitment, sowohl in der Lehre als auch bei den Projekten.»
«Die laufenden Projekte «Biolandwirtschaft und Tourismus» sind ein Erbe von Silvia und liegen mir sehr am Herzen.»
Werner Hediger, Zentrumsleiter
Trotz ihrer Krankheit hat Silvia Simon noch lange gearbeitet, bis zum Kick-off des Projektes «Mitarbeiter-Sharing» Ende Januar. Sie glaubte fast bis zuletzt an ihre Chancen, war zuinnerst zuversichtlich, dass sie es schaffen würde. Simon hat an ihrem Leben festgehalten, hatte noch viele Pläne. Im März noch wollte sie mit ihrer Familie nach Asien, in die USA und nach Südafrika reisen.
Nur wenige Tage vor ihrem Tod schrieb Silvia Simon an ihre Freundin und Arbeitskollegin Brigitte Küng: «Im Projekt scheint es ja gut vorwärts zu gehen. Das freut mich sehr. Es ist mir so unendlich schwer gefallen, aus diesem tollen Projekt auszusteigen und obwohl ich nicht mehr dabei bin, fühle ich mich doch noch irgendwo zugehörig. Es wäre wunderschön, wenn ich irgendwann wieder zurückkehren könnte.»
Brigitte Küng kannte Silvia Simon schon aus den Zeiten, als sie selbst noch Studentin war. «Vor viereinhalb Jahren, als ich meinen Job am Schweizerischen Institut für Entrepreneurship (SIFE) annahm, kamen wir auch beruflich in Kontakt und arbeiteten in verschiedenen Projekten eng zusammen. Wir waren sehr unterschiedliche Typen, ergänzten uns aber auf Anhieb prima. Aus der beruflichen Zusammenarbeit entwickelte sich nach und nach eine schöne Freundschaft », erzählt Küng. «Für Silvia standen immer die Menschen im Fokus. In einem Team zu arbeiten, in dem sie sich wohl fühlte, war für sie sehr wichtig. Und: Sie hat immer nach praxistauglichen Lösungen gesucht. Abstrakte Theorien interessierten sie nicht.»
Die Dozentin
«Nebst den Forschungsarbeiten war für Silvia Simon das Unterrichten immer sehr wichtig. Oft hat sie mir gesagt, dass ihr das Unterrichten wahnsinnig viel Spass bereitet. Das war auch der Grund, wieso sie bis Ende 2014, trotz ihrer schweren Erkrankung, weiterhin zwei Klassen unterrichtet hat. Sie konnte selbst in dieser schweren Zeit noch Kraft aus dieser Tätigkeit schöpfen. Sie hat sich stets engagiert, bis alle ihre Studierenden den Stoff kapiert hatten und mit einer genügenden Note rechnen konnten. Sonst war sie nicht zufrieden. Immer auch war Silvia ein Vorbild für ihre Studierenden sowie Kollegen und Kolleginnen. Frauen förderte sie sehr», erzählt Brigitte Küng weiter.
«Für Silvia standen immer die Menschen im Fokus. Sie hat nach praxistauglichen Lösungen gesucht.»
Brigitte Küng, Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Die Persönlichkeit
Silvia Simon war eine bescheidene Frau. Sie legte, obwohl sie Professorin war, weder bei sich noch bei anderen Menschen Wert auf Titel. Sie kommunizierte mit allen immer auf Augenhöhe. Diese Bescheidenheit wurde in ihrem Umfeld geschätzt. Claudia Züllig-Landolt, Gastgeberin im Hotel Schweizerhof, Lenzerheide, schrieb anlässlich eines Projekt-Kick-offs an Brigitte Küng: «Kompliment auch an Frau Simon. Ich habe persönlich immer ein wenig <Berührungsängste> mit Professoren, weil sie mir vielfach zu professoral rüberkommen. Schön, dass ich heute spüren konnte, dass wir einander alle …»
Da Silvia Simon in Deutschland aufgewachsen ist, sich dann aber für ein Leben in der Schweiz entschieden hatte, wollte sie hier auch Wurzeln schlagen. Sie war sehr bemüht, Kontakte zu pflegen. Oft ergriff sie die Initiative, um mit Freundinnen und Freunden, Bekannten oder Kolleginnen und Kollegen etwas zu unternehmen. Zweieinhalb Jahre vor ihrem Tod adoptierte Silvia Simon zusammen mit ihrem Ehemann einen einjährigen Jungen aus Haiti. Das war ein ganz wichtiger Moment in ihrem Leben. «Als sie zum ersten Mal mit den Fotos des Jungen zu uns ins Institut kam, war sie überglücklich», erzählt Brigitte Küng. «Sie blühte richtig auf. Sie fand eine weitere neue Aufgabe und schenkte dem Kind grosse Liebe und viel Zuneigung.»
Abschied von Silvia Simon
Mit einem Zitat von Jean de la Fontaine nahmen die Mitarbeitenden und Studierenden der FH Graubünden Abschied von ihrer geschätzten Freundin, Arbeitskollegin und Dozentin:
«Ein guter, edler Mensch, der mit uns gelebt, kann uns nicht genommen werden, er lässt eine leuchtende Spur zurück gleich jenen erloschenen Sternen, deren Bild noch nach Jahrhunderten die Erdbewohner sehen.»
Jean de la Fontaine, Schriftsteller