Studierende über Anpassung, Digitalisierung und persönliche Entwicklung
Veränderungen sind ein ständiger Begleiter im Leben. Sie fordern uns heraus, bringen uns aus unserer Komfortzone und eröffnen neue Möglichkeiten. Studierende berichten, wie sie sich an Veränderungen anpassen, welche Chancen sie darin sehen und wie das Studium ihnen hilft, neue Fähigkeiten zu entwickeln.
Text: Seraina Zinsli / Bilder: FH Graubünden, Seraina Zinsli
Nadine Brändli
«Für mich persönlich sind Veränderungen nicht immer einfach. Ehrlich gesagt fällt es mir manchmal schwer, mich schnell an neue Situationen anzupassen. Ich brauche Zeit, um sie zu akzeptieren. Doch ich habe mich diesbezüglich in den letzten Jahren weiterentwickelt. Heute kann ich viel besser mit Herausforderungen, Kritik und Veränderungen umgehen. Ich habe erkannt, dass ich nicht allen gefallen muss und dass es in Ordnung ist, einfach sich selbst zu sein. Gerade in letzter Zeit habe ich mehr Selbstbewusstsein entwickelt und bin mir meiner Stärken und Schwächen bewusst. Dabei handelt es sich um einen persönlichen Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist. Doch ich habe bereits grosse Schritte in dieser Entwicklung gemacht. Zudem fällt es mir heute leichter als früher, Prioritäten zu setzen. Hierbei hat mir das Studium sehr geholfen. Denn anders als früher in der Schule erinnern einen die Dozierenden nicht mehr ständig an Abgabetermine und Prüfungen. Das hat meine Selbstorganisation und mein Zeitmanagement geschult. Ausserdem habe ich während des Studiums neue Kontakte geknüpft, sowohl zu Mitstudierenden als auch zu Menschen aus verschiedenen Branchen. Das hat meine persönliche Weiterentwicklung ebenfalls stark geprägt.
Als jemand, der nicht besonders technisch versiert ist, habe ich im Studium viele neue digitale Tools und Programme kennengelernt. Diese werden mir auch in Zukunft nützlich sein. Aber bereits jetzt hat sich dadurch die Art und Weise, wie ich studiere, gewandelt. Ich arbeite zwar immer noch lieber analog, habe mich aber zunehmend ins Digitale verschoben, weil es praktischer und flexibler ist – vor allem, weil ich keine zusätzlichen Notizblöcke mehr mitnehmen muss. Kreative Arbeiten erledige ich nach wie vor lieber mit Stift und Papier, weil ich diese Prozesse als intensiver und fokussierter empfinde. Natürlich bietet die Digitalisierung Vorteile wie Flexibilität und bessere Zugänglichkeit, aber ich glaube auch, dass ein Zuviel an Digitalisierung den persönlichen Austausch und die Entwicklung sozialer Fähigkeiten beeinträchtigen könnte. Deshalb sehe ich digitale Tools zwar als sinnvolle Ergänzung, sie dürfen jedoch den direkten Kontakt und das gemeinsame Lernen nicht vollständig ersetzen. Entsprechend bin ich zwiegespalten, ob das Studium in Zukunft noch stärker digitalisiert werden sollte.
Auch die Arbeitswelt wird durch die zunehmende Digitalisierung flexibler werden, davon bin ich überzeugt. Homeoffice, Teilzeitarbeit und hybrides Arbeiten werden sich wohl noch stärker verbreiten. Das wird es mir ermöglichen, in vielfältigeren Teams zu arbeiten und Arbeit und Privatleben besser zu vereinbaren. Gleichzeitig muss ich mich auf solche Veränderungen einstellen und offen dafür sein, mich an unterschiedliche Arbeitsumgebungen anzupassen.
Grundsätzlich denke ich, dass ich in vielen Bereichen gut gerüstet bin, den Veränderungen, die auf mich zukommen, entgegenzutreten. Und doch weiss ich, dass ich noch einiges lernen kann. In Zukunft will ich mich darauf fokussieren, Veränderungen gelassener zu begegnen und sie vor allem als Chance statt als Bedrohung zu sehen. Ich möchte flexibler und spontaner reagieren und vor allem mehr Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten haben – insbesondere in kritischen Situationen.»
Morad Younis
«Eine Veränderung, die mein Umfeld betrifft und die ich besonders stark wahrnehme, ist die Digitalisierung. Insbesondere alles, was mit künstlicher Intelligenz zu tun hat, etwa ChatGPT. Für unser Studium hat das viele Vor-, aber auch Nachteile. Wenn wir zum Beispiel Hausaufgaben haben, kann ChatGPT das in zwei Minuten erledigen, was vieles vereinfacht. Aber wir Studierende hinterfragen die Ergebnisse, die wir so geliefert bekommen, oft zu wenig. Wir übernehmen die Antwort und haben somit nicht viel gelernt – ein klarer Nachteil. Aber: Selbst schuld sage ich da nur. Denn wir können ChatGPT auch als Vorteil nutzen. Nämlich dann, wenn wir das Tool einsetzen, um unser Wissen zu erweitern und die Aufgaben besser zu verstehen. Die Nutzung dieser Technologien hat sich nur schon während meines Studiums stark verändert. Im ersten Semester habe ich es beispielsweise nicht oft genutzt. Heute hingegen kommen Tools wie ChatGPT oft zum Einsatz. Und das nicht nur bei mir. Ich sehe, dass meine Mitstudentinnen und Mitstudenten es ähnlich machen – zumindest in meiner Klasse gibt es niemanden, der noch nie ChatGPT zu Hilfe genommen hat.
Auch in der Arbeitswelt ist die Digitalisierung spürbar. Manche Firmen brauchen aufgrund der Digitalisierung weniger Arbeitskräfte. Das kann insbesondere für Studienabgängerinnen und Studienabgänger zur Herausforderung werden. Ich mache mir darüber aber noch nicht allzu viele Gedanken, da bis zu meinem Abschluss noch etwas Zeit bleibt.
Veränderungen gibt es aber nicht nur, was mein Umfeld angeht. Auch selber verändere ich gerne Dinge. Ich bin von Natur aus eine neugierige Person und denke deshalb nicht, dass ich lange stillstehe. Die letzte grosse persönliche Veränderung war mein Umzug im Jahr 2021 von Israel nach Deutschland, wo ich eine neue Sprache gelernt und ein Diplom im Data Science Bereich gemacht habe. Dann, drei Jahre später, bin ich von Deutschland in die Schweiz gezogen. Das war im Jahr 2023. Seither habe ich mich nochmals verändert. Beispielsweise habe ich gelernt, dass ich für das Studium mehr Zeit investieren sollte. Das erste Semester war zwar erfolgreich, aber ich habe schnell gemerkt, dass ich mehr Zeit für Aufgaben und Lernen aufwenden sollte, um das Studium letztendlich bestehen zu können. Ich glaube jetzt, im dritten Semester, mache ich es besser. Es gelingt mir, eine Balance zwischen Studium, Sport und der Freizeit mit Freunden etc. zu haben.»
Gianna Mohler
«Die Welt befindet sich in einem stetigen Wandel, und auch mein Leben ist davon betroffen. Grossen Einfluss haben aktuell etwa die Digitalisierung und das Aufkommen der künstlichen Intelligenz. Besonders für meinen Studiengang Multimedia Production sind diese Entwicklungen zentral und jeden Tag spürbar. So greifen die Dozierenden diese Themen regelmässig auf und passen den Unterricht entsprechend an. Das hilft uns Studierenden, auf die technologischen Entwicklungen vorbereitet zu sein und diese aktiv in unsere Arbeitsprozesse einzubeziehen. Wir sind während des Studiums auch immer wieder gefordert, in Projekten und Gruppenarbeiten flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren. Diese Flexibilität ist eine wichtige Fähigkeit, um in einer sich schnell verändernden Welt zurechtzukommen. Deshalb fühle ich mich grundsätzlich gut auf den zukünftigen Wandel vorbereitet. Sicherlich wird noch einiges auf uns zukommen. So wird meiner Ansicht nach der Online-Unterricht an Bedeutung gewinnen. Dies, obwohl der Präsenzunterricht aufgrund zahlreicher Projekte und des wichtigen sozialen Austauschs natürlich weiterhin eine zentrale Rolle spielen sollte. Grundsätzlich sehe ich Entwicklungen wie die Digitalisierung positiv. Sie sind notwendig und sollen als Chancen verstanden werden. Gleichzeitig bergen sie aber auch Risiken. Es ist wichtig, ein ausgewogenes Mass zu finden, um sowohl von den Vorteilen profitieren als auch den Herausforderungen begegnen zu können.
Auch wenn ich Veränderungen positiv sehe, fällt mir der Umgang damit nicht immer leicht. Um sich auf Neues einzulassen, sind Überwindung und Offenheit wichtig. Oft wirken Veränderungen im Voraus beängstigender, als sie letztlich sind. Meine eigene, persönliche Einstellung diesbezüglich hat sich in den letzten Jahren durch Erfahrungen in der Schule, bei der Arbeit und während Reisen gewandelt. Ich habe neue Perspektiven gewonnen, was eine grosse Bereicherung ist. Trotzdem soll noch nicht Schluss sein. Ich will mich diesbezüglich weiterentwickeln und in Zukunft noch offener auf Veränderungen reagieren und meine Anpassungsfähigkeit steigern. Dennoch halte ich es für wichtig, dass man gegebenenfalls auch mal einen Schritt zurückgeht, wenn sich herausstellt, dass bestimmte Veränderungen nicht so vorteilhaft sind wie ursprünglich erwartet.»
Podcast «Campus-Tät-a-Tät»
Im Podcast «Campus-Tät-a-Tät» nehmen wir euch auf eine Reise hinter die Kulissen der FH Graubünden. In jeder Episode werden unterschiedliche Bereiche der Hochschule beleuchtet, spannende Geschichten erzählt und Hintergründe aufgezeigt. Lernt die Menschen kennen, die die FH Graubünden so einzigartig machen und lasst euch für eine neue Seite der Bündner Hochschule begeistern!
In der zweiten Folge ist Nadine Cotti zu Gast. Sie ist eine von drei Studierendenvertretenden, die sich für die Verbesserung der Qualität im Studium einsetzen. Im Gespräch erzählt sie, was sie motiviert und was sie verändern würde, wenn sie für einen Tag Rektorin der FH Graubünden wäre.
Beitrag von
Seraina Zinsli, Redaktionsleiterin, Projektleiterin Hochschulkommunikation