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Wissensplatz
Von einem, der im Tal geblieben ist
Von einem, der im Tal geblieben ist

Von einem, der im Tal geblieben ist

«Wegzugehen, um zurückzukehren» – dieser Gedanke begleitet den Puschlaver Cristiano Sala auf seinem Lebensweg bis heute. Nach seiner Berufslehre in Poschiavo bildete sich der heute  36-Jährige an der Fachhochschule Graubünden in Chur und in Zürich weiter – stets mit etwas Heimweh im Herzen. Heute ist Cristiano Sala Strategic Project Manager bei der Repower Gruppe (Schweiz/Italien) und arbeitet in seiner geliebten Heimat für einen international tätigen Konzern.

Text: Luzia Schmid / Bilder: Cristiano Sala / Video: Flurina Simeon und Peter Indergand

Jeweils am Sonntagabend, wenn er sich im Rahmen seiner Aus- und Weiterbildung für die rund zweistündige Fahrt nach Chur ins Auto setzte und den Berninapass hinauf in Richtung Hospiz kurvte, machte er sich wieder bemerkbar, jener «Kloss» im Hals. «Ich kann nicht behaupten, dass ich mich nach dem Berninapass dann besser gefühlt hätte», beschreibt Cristiano Sala das Gefühl, das ihn während seiner Aus- und Weiterbildungsjahre immer wieder beschlichen hat. «Aber du kommst am Zielort an und kommst darüber hinweg.» Er habe immer gewusst, weshalb er diese Fahrten auf sich nehme und dass der eingeschlagene Weg ihn weiterbringen werde.

Früher war Sala risikofreudiger - auch im Schnee.

Von Wissensdurst getrieben

Sala ist ein Heimatmensch, tief verwurzelt im Puschlav – und gleichzeitig ein offener, wacher Geist. Den Drang, etwas Neues zu lernen, weiterzukommen, verspürte er schon früh. Waren es früher der Sport – Fussball und Eishockey – oder auch die Jagd, die ihn anspornten, merkte er alsbald auch im Job, dass er neue Herausforderungen brauchte.

Nach der Sekundarschule hatte der Jugendliche eine Berufslehre als Kaufmann bei der Gemeinde Poschiavo absolviert, wo er zunächst auf der Gemeindekanzlei tätig war und später im Steueramt und bei der Buchhaltung. Danach arbeitete er vier Jahre lang als Berater bei der Graubündner Kantonalbank in Campocologno. «Mein Chef dort, Roberto Nussio, förderte mich sehr und legte mir ans Herz, mich weiterzubilden», erzählt Sala, der sich damals – nicht ganz leichten Herzens – schliesslich entschied, zur Kantonalbank nach Chur zu wechseln und sich an der Höheren Fachschule Südostschweiz zum Betriebswirtschafter auszubilden. Vier Jahre lang verbrachte der damals 25-Jährige die Tage unter der Woche in Chur – «Zum Glück trifft man in der Hauptstadt viele Poschiavini ...» – arbeitete und studierte dort.

«Ich war sehr beschäftigt und so ging jede Woche zum Glück ruckzuck vorüber», erinnert sich Sala. Am Freitagabend fuhr er schnellstmöglich wieder zurück über den Pass. «Als ich in Ospizio Bernina am «Camin» vorbeikam und nach unten blickte, wusste ich, dass ich nur zehn Minuten von meinem Zuhause entfernt war. Das war ein schönes Gefühl.» Seine tiefe Verbundenheit mit dem Tal führte auch dazu, dass Sala nach seiner Aus- und Weiterbildung in Chur eine Arbeitsstelle in der Heimat suchte. In Li Curt fand er einen Job als Anlageberater bei der Raiffeisenbank der Valposchiavo. Rasch merkte er allerdings, dass ihn sein Wissensdurst noch weitertrieb: An der Fachhochschule Graubünden wollte er an seine früheren Studien anknüpfen und einen Master of Advanced Studies in Business Administration erlangen.

«Begegnung mit...» - Cristiano Sala
In der Alumni-Film-Serie spricht Sala über seinen Werdegang und seine Leidenschaften.

Heute gelernt, morgen umgesetzt

Mit der Repower Gruppe fand er einen Arbeitgeber, der ihn dabei unterstützte – und es ihm erst noch ermöglichte, national und international tätig zu sein und dennoch in der Heimat zu bleiben. «Bei meiner ehemaligen Arbeit im Risk Management hatte ich Gelegenheit, mich mit verschiedenen Themen zu befassen, die mit unterschiedlichen Abteilungen unseres Unternehmens zusammenhängen – von den Prozessen über die Buchhaltung bis hin zu Projekten, bei denen ich die erlernte Theorie in die Praxis umsetzen konnte.» Gepackt vom Eifer, sich weiterzuentwickeln, hängte Sala gleich noch den Executive Master of Business Administration – New Business Development an den erworbenen Master an. «Ich muss der Repower ein Kränzchen dafür winden, dass sie mir diese Möglichkeit gegeben und die entsprechende Zeit zur Verfügung gestellt hat.» Dafür musste der Puschlaver dann allerdings für zwei Tage pro Woche nach Zürich reisen. «Dort fühlte ich mich schon etwas verloren», sagt Sala. Doch die Weiterbildung sei unglaublich interessant und vielfältig gewesen. «In Zürich sind wir in die Welt der Innovation eingetaucht.»

Die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen, strategisches Management sowie Marktanalysen – all das war neu erworbenes Fachwissen, das er von einer Woche auf die nächste in die Praxis umsetzen konnte. «Ich habe samstags gelernt und montags mit meinem Chef gesprochen, um ihm vorzuschlagen, eine Analyse in einem bestimmten Bereich zu erstellen.» Er habe einen unglaublich kreativen Job und viele Freiheiten, schwärmt der 36-Jährige. Auch heute noch präsentiert er seinem Chef jede Woche seine Ideen zur Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie von Repower. Bei seiner Arbeit gehe es aber auch um Marktmanagement, die Überwachung der Preisentwicklung oder Kreditrisikos. «Als ich vor sechs Jahren mit dem Risk Management anfing, war ich wahrscheinlich risikofreudiger», sagt Sala, wenn man ihn darauf anspricht, ob man für seinen Job bereit sein müsse, Risiken einzugehen. Beim Snowboarden habe er früher Sprünge gemacht, ohne zu schauen, ob sich im Landebereich ein Felsbrocken befinde. «Heute bin ich ruhiger geworden – das Leben lehrt uns, weniger Risiken einzugehen.»

Die Repower Gruppe hat auch einen Firmensitz in Mailand – wie Chur etwas mehr als zwei Autostunden von Poschiavo entfernt – weshalb der Puschlaver teilweise in Italien zu tun hat. Es ist nicht nur die Sprache, sondern auch die Kultur, die dem Südbündner dabei entgegenkommen. «Manchmal treffen da Welten aufeinander, völlig andere Denkweisen», sagt er. «Mit den Mailändern muss man umgänglicher sein, mit den Deutschschweizern präziser.» Es sei spannend zu beobachten, wie zwei sehr unterschiedliche Arbeitssysteme auf ganz andere Weise die gleichen Ziele erreichten. «Es gefällt mir sehr, an diesem Schnittpunkt zu arbeiten, Menschen zusammen und das Unternehmen weiterzubringen.»

Nicht eine Nummer, sondern «der Sohn von …»

Man merkt Sala an, dass er «angekommen» ist – dankbar dafür, in einem so spannenden Umfeld und doch in der Heimat arbeiten zu können. Dieses Heimatgefühl bedeutet dem 36-Jährigen alles. Hier kenne jeder jeden, werde man auf der Strasse begrüsst, erkundige man sich nach dem Wohlergehen der Eltern, sei am Arbeitsplatz nicht einfach eine Nummer, sondern «der Sohn von …». «Für Menschen wie mich ist so etwas von Bedeutung. Es ist das, was ich vom Leben erwarte und worauf ich sehr viel Wert lege», sagt der Strategiemanager, der für einen Weltkonzern arbeitet. «Es sind eindeutig diese emotionalen Werte, die einen dazu bringen, sich am Freitagabend ins Auto zu setzen, um wie eine Rakete ins geliebte Tal zurückzukommen und seine Freunde und Familienmitglieder zu treffen.» Tausende von Kilometern ist der Puschlaver gefahren, den Berninapass hinauf und hinunter, um sich weiterzubilden, eines Tages ins Tal zurückzukehren und sein Wissen in die Region einzubringen.

Auch für seine grosse Leidenschaft, die Jagd, kehrt Sala immer wieder zurück.
Sala an einer Krisenstabsübung mit der Repower bei der Armee.

Über Cristiano Sala
Cristiano Sala wurde 1986 geboren und ist in Le Prese (Puschlav) aufgewachsen. Nach seiner KV-Lehre bei der Gemeinde Poschiavo liess er sich zum Betriebswissenschafter HF ausbilden und erlangte später einen MAS in Business Administration sowie einen EMBA in New Business Development an der FH Graubünden. Sein beruflicher Weg führte ihn vom Bankwesen über das Risk Management zur strategischen Projektleitung bei der Repower Gruppe, einem international tätigen Energieversorger. Zu seinen grossen Leidenschaften gehören Fussball und Eishockey, die Jagd, die Natur und sein Freundeskreis.
 

Über Repower
Die Repower AG ist ein international tätiges Energieversorgungsunternehmen mit operativem Hauptsitz in Poschiavo. Schlüsselmärkte der Gruppe sind die Schweiz und Italien. Die Repower Gruppe ist von der Produktion über den Handel bis zur Verteilung und zum Vertrieb im Bereich der gesamten Strom-Wertschöpfungskette tätig und beschäftigt über 600 Mitarbeitende. Hinzu kommen rund 35 Lernende in der Schweiz sowie gut 500 Vertriebsberaterinnen und Vertriebsberater in Italien.

Beitrag von

Luzia Schmid, Redaktionsleiterin, Projektleiterin Hochschulkommunikation