FHGR-Dozierende vermitteln Know-how und coachen Führungskräfte der Psychiatrischen Dienste Graubünden
Die Fachhochschule Graubünden macht die Führungskräfte der Psychiatrischen Dienste Graubünden (PDGR) fit für die Veränderungen von heute und morgen. Anhand des «Change-Moduls» coachen Dozierende der Fachhochschule in gemeinsamen Workshops die Führungskräfte der PDGR. «Für uns ist es wichtig, unseren Führungskräften auch durch externe Expertise die Möglichkeit zur Weiterentwicklung zu geben», sagt Josef Müller, CEO der PDGR.
Text: Angelina Misselwitz / Bilder: Reto Heinrich, PDGR
Das «Change-Modul» ist eines von fünf Modulen im Fortbildungs- und Trainingsprogramm «Akropolis» der Psychiatrischen Dienste Graubünden. Dieses Programm liefert Antworten auf die Herausforderungen durch demografischen Wandel, Fachkräftemangel, Wandel der Arbeitswelt und Digitalisierung und die daraus resultierenden Führungsaufgaben. «Change» ist dabei ein wesentliches Modul, dessen Inhalte vom FHGR-Trainingsteam (Prof. Dr. Frank Bau, Prof. Dr. Karin Eggert, Robert Müller und Claudio Alig) für die PDGR entwickelt wurden.
Im Interview zwischen Prof. Dr. Karin Eggert, Josef Müller und Myriam Keller, Leiterin Ressourcen bei den PDGR, wurden wichtige Eckpunkte des Projekts und der regionalen Zusammenarbeit beleuchtet.
Wie ist die Zusammenarbeit zwischen den PDGR und der FH Graubünden entstanden?
«Diese Zusammenarbeit ist über ein Einladungsverfahren zustande gekommen, auf das sich die Kolleginnen und Kollegen des Zentrums für Betriebswirtschaftslehre (ZBW) – konkret vertreten durch Prof. Dr. Frank Bau – beworben hatten. Im Rahmen der Ausgestaltung des Angebots und der konkreten Inhalte wurde zur Abdeckung aller notwendigen Kompetenzen auch das Institut für Management und Weiterbildung (IMW) mit ins Boot geholt. Die Kooperation zwischen den beiden Instituten war von Beginn an sehr befruchtend, wertschätzend und zielführend – bis hin zur Erfüllung der Kundenwünsche», sagt Karin Eggert, Studienleiterin am IMW und Coach.
«Die wesentlichen Haupttreiber für unsere Entscheidung waren die neuen strategischen Ausrichtungen, der Paradigmenwechsel und die verschiedenen Generationen, die im Arbeitsleben aufeinandertreffen. Mir liegt besonders am Herzen», sagt Josef Müller, CEO der PDGR, «weiterhin die Vertrauenskultur innerhalb der PDGR zu stärken und wichtige Werte – wie Wertschätzung und Anerkennung – noch mehr zu festigen. Diese Aspekte sind auch in der Vision und in den Führungserwartungen der PDGR verankert.»
Für die PDGR sind einerseits die regionale Zusammenarbeit und Verankerung wichtig und andererseits auch nationale und internationale Kooperationen wertvoll.
«Für uns als PDGR war es wichtig, unseren Führungskräften externes Know-how zur Verfügung zu stellen und ein vertrauensvolles Umfeld zu schaffen, in dem sie sich öffnen und ihre persönlichen Cases gemeinsam mit dem Beraterteam besprechen und auf ihre Praxisszenarios anwenden können», sagen Josef Müller und Myriam Keller.
Deshalb galt für alle durchgeführten Seminare auch der Grundsatz der «Las-Vegas-Regel»: Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas – es wurden bewusst keine inhaltlichen Rückmeldungen an den Auftraggeber gegeben.
Welche Ziele und Erwartungen hatten die PDGR im Rahmen des Change-Moduls?
«Durch das Change-Modul wird den Führungskräften eine generelle Weiterentwicklung in diesem so essenziellen Themenkomplex ermöglicht. Alle sind dazu angehalten, sich künftig noch mehr auf Augenhöhe zu begegnen. Die Herausforderungen für Führungskräfte im Gesundheitswesen sind besonders komplex. Nebst den hohen Anforderungen des Dienstes am Patienten haben die Führungskräfte auch die Herausforderung des wertschätzenden Führens bis hin zum Coachen zu bewältigen», sagt Josef Müller. «Hinzu kommt die Individualität: Unsere Führungskräfte bringen unterschiedliche Hintergründe, Anforderungen, Bedürfnisse und Kompetenzen mit, die in Einklang gebracht werden müssen. Ausserdem ist es mir ein grosses Anliegen, unsere Führungskräfte auf den bevorstehenden Wandel und Paradigmenwechsel bestmöglich vorzubereiten, um dann entsprechende Massnahmen für die PDGR ableiten zu können. Zudem sollen die Führungskräfte Kenntnisse darüber erlangen, in welcher Beziehung die Werte, die Erwartungshaltungen und die Instrumente der PDGR zueinander stehen», so Josef Müller weiter. «Das Modul soll auch die Wandlungsbereitschaft der beteiligten und betroffenen Personen abfragen und den Ist-Zustand unserer Mitarbeitenden analysieren.»
Welche Schwerpunktthemen konnten behandelt werden und wie verlief das Programm?
Im Change-Modul stehen drei Themen im Zentrum: die strategische Erneuerung, das Wandlungsmanagement und die Führungsstile. Mit praxisorientierten, akademisch fundierten Modellen vermittelt das FHGR-Team den PDGR-Teilnehmenden einen Bezugsrahmen und liefert hilfreiche Denkanstösse. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Erkenntnis, dass es keine allgemeinen «Handlungsrezepte» gibt. Ein allgemeingültiger, «richtiger» Führungsstil ist eine Illusion. Vielmehr ist ein situativer Führungsstil angemessen, der dem Reifegrad und Know-how der jeweiligen Mitarbeitenden gerecht wird.
Ein wesentlicher Aspekt im Zusammenhang mit «Change» ist der konstruktive Umgang mit Widerständen seitens der Mitarbeitenden bei anstehenden Veränderungen. Diese Widerstände zu erkennen, aktiv anzusprechen und zu lösen ist essenziell für das Gelingen von Neuerungen.
«Interessant ist in diesem Kontext, dass die Zusammensetzung der verschiedenen Seminargruppen ganz bewusst eine ‹gemischte› war und nach dem Zufallsprinzip erfolgte. So nahmen jeweils Führungskräfte aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen an diesen Tagesseminaren teil. Unter den Teilnehmenden waren Ärztinnen und Ärzte, Gruppenleitungen, Pflegefachpersonen, Floristinnen und Floristen, die Kantinenleitung, der IT-Chef, Controller etc., was allen nicht zuletzt auch die Möglichkeit bot, die Kolleginnen und Kollegen besser kennenzulernen und ein Verständnis für die verschiedensten Problematiken anderer Bereiche zu entwickeln. Dies hat die Teilnehmenden sowohl in Bezug auf dieselben Herausforderungen als auch hinsichtlich neuer Aufgaben und Problemstellungen sensibilisiert», sagt Karin Eggert von der FH Graubünden.
Welche Resultate sind aus den Workshops hervorgegangen? Wurden die Erwartungen der PDGR erfüllt?
«Die teilnehmenden Führungskräfte waren begeistert von der Idee, dass die Workshops in gemischten Gruppen stattfinden würden und dass jede/jeder Teilnehmende sich für einen ihr/ihm passenden Termin anmelden konnte, ohne zu wissen, wer sonst noch an diesem Termin dabei sein würde», sagt Karin Eggert.
«Im Allgemeinen sind aus diesen Workshops äusserst innovative und zukunftsorientierte Ideen hervorgegangen, vor allem dank der Diversität der verschiedenen Gruppen», betont auch Myriam Keller von den PDGR. «Das Besondere an diesem Projekt ist, dass die Dozierenden der FH Graubünden mit ihrem Feingefühl für den Menschen sogar anfangs sehr distanzierte Führungskräfte für das Weiterentwicklungscoaching begeistern konnten und dass die PDGR sehr stark von der regionalen Zusammenarbeit profitieren. Die Erwartungen der PDGR wurden für uns mehr als erfüllt», sagt Myriam Keller sehr erfreut.
Ist nach der Durchführung des Change-Moduls eine Veränderung bei den Führungskräften erkennbar? Welche Learnings können wir daraus ziehen?
«Nach den Workshops und den Transfer-Meetings (ca. 8 Wochen später) wurde deutlich, dass die Resonanz der Teilnehmenden äusserst positiv ist», sagt Josef Müller. Er und Myriam Keller sind sehr froh über das Zustandekommen der Zusammenarbeit mit der FH Graubünden. «Auch wenn dieses Tagesseminar für unsere Führungskräfte obligatorisch war, konnte eine hohe Akzeptanz erreicht werden. Dennoch wurde deutlich, dass es sich um einen stetigen Transformationsprozess handelt, der mit weiteren Coachings ausgebaut werden muss. Der erste Schritt ist jetzt gemacht», so Josef Müller. Ausserdem hätten auch die Mitarbeitenden bemerkt, dass im Nachgang bei den Führungskräften ein Wandel spürbar gewesen sei. Nichtsdestotrotz benötige jede Veränderung Zeit, Geduld und die Offenheit der Teilnehmenden für Veränderungen, so Josef Müller. «Wir werden die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der FH Graubünden und den Psychiatrischen Diensten Graubünden fortsetzen – neue Ideen bestehen bereits.»
Beitrag von
Angelina Misselwitz, Wissenschaftliche Projektmitarbeiterin, Institut für Management und Weiterbildung