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Wissensplatz
Vom Top-Manager in der Privatwirtschaft zum Dozenten
Vom Top-Manager zum Dozenten

Vom Top-Manager zum Dozenten

Das Resümee meiner ersten Wochen: spannende Aufgaben + hilfsbereite Kolleginnen/Kollegen und Vorgesetzte + interessierte Studierende + eine wertschätzende Hochschulkultur + viel Freiraum in der Wissensvermittlung + jede Menge Spass + interessante angewandte Forschung = eine sehr gute Entscheidung!

Text: Dieter Conzelmann / Bilder: Bizerba Busch

Nach meinem Studium zum Diplom-Ingenieur Informatik und einem berufsbegleitenden Betriebswirtschaftsstudium mit MBA-Abschluss begann ich meine berufliche Karriere in der Softwareentwicklung und wechselte anschliessend ins Produktmanagement.

Bei der Firma Bizerba übernahm ich im Jahr 2000 die Verantwortung für Unternehmensinnovationen und deren weltweite Implementierung. Mein Arbeits- und Managementfokus richtete sich auf den gesamten Life Circle der Produkte und Dienstleistungen, die rund um den Globus eingesetzt wurden. Etwas später übernahm ich die internationale Vertriebsleitung und erschloss mit meinem Team neue Märkte wie Asien und Brasilien. Die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Kulturen in den betreffenden Ländern bzw. Unternehmen war dabei oft die grössere Herausforderung als die eigentliche produktbezogene Marktentwicklung.

Danach restrukturierte ich mehrere Jahre lang als CEO ein KMU in den USA und richtete es neu aus. Dabei erfuhr ich, was es bedeutet, einen umfassenden Changeprozess in einem Unternehmen mit einer komplett anderen Kultur durchzuführen. Meine letzte berufliche Station in der freien Wirtschaft führte mich schliesslich nach Graubünden zur Bizerba Busch AG mit gut 100 Mitarbeitenden, einem der führenden Anbieter von Hard- und Softwarelösungen im Bereich der Wäge-, Schneide- und Auszeichnungstechnologie. Auch hier ging es um die Neuausrichtung des Unternehmens und seine Integration in eine Konzernstruktur. Vorhandene Produkte und Dienstleistungen mussten innoviert und fit für den internationalen Markt gemacht werden. Die Mitarbeitenden mussten in kurzer Zeit den Change vom nationalen zum international operierenden Unternehmen meistern.

«Höher, schneller, weiter» 

Wenn ich meine berufliche Laufbahn Revue passieren lasse, war die Maxime stets «Höher, schneller, weiter». Es ging um Gewinnmaximierung – koste es, was es wolle. In Bezug auf Innovationen befanden wir uns in einem kontinuierlichen Wettlauf mit der Konkurrenz. Zeit, um Prozesse auszuwerten und zu reflektieren oder Erkenntnisse und Erfahrungen aus all den Tätigkeiten zu dokumentieren, gab es kaum. Ich fand dies schade und entschied mich, meine Erfahrungen und Methodenkenntnisse im Bereich der Geschäftsmodellentwicklung gemeinsam mit Sabine Sohn in einem Arbeitsbuch zu dokumentieren. Es erschien 2017 unter dem Titel «Mit dem Success Loop zum erfolgreichen Industrie 4.0 Geschäftsmodell». Prozesse, Produkte und Dienstleistungen immer besser zu gestalten, war schon immer meine Leidenschaft. Ich gewann dafür auch den einen oder anderen Preis und meldete einige Patente an. Und genau dieses Thema brachte mich schliesslich zur FH Graubünden.

CEO bei Bizerba Busch AG

In der FH Graubünden eine überzeugende Partnerin gefunden

Im Rahmen meiner Tätigkeit als CEO in Graubünden wurde ich auf das breite Angebot der FH Graubünden aufmerksam. Ich suchte damals mit meinem Innovationsteam nach einem Partner, der gemeinsam mit uns ein neues Produkt und die dazugehörigen datenbasierten Dienstleistungen entwickeln würde. Die FH Graubünden stellte uns ein überzeugendes Konzept im Rahmen eines Forschungsprojekts vor und es wurde uns sehr schnell klar, dass wir dieses Innovationsprojekt gemeinsam starten würden. In Rahmen dieses Projekts lernte ich die Arbeitsweise und einige Mitarbeitende der Fachhochschule kennen.

Patricia Deflorin und ihr Team überzeugten uns mit ihren kreativen Innovationsmethoden und übertrafen unsere Erwartungen. Das Resultat aus den Kreativworkshops führte zu Dienstleistungsinnovationen. Der daraus resultierende Blueprint war für die Implementierung bestens geeignet. Und das ist genau das, was der Mittelstand braucht. Der gesamte Prozess machte mir so viel Spass, dass sich in mir die Idee entwickelte, die Seite zu wechseln – also die Wirtschaftslogik mit der Wissenschaftslogik zu tauschen. Der Zufall wollte es, dass die FH Graubünden genau zu jenem Zeitpunkt eine Stelle mit dem Schwerpunkt «digitale Transformation» am Schweizerischen Institut für Entrepreneurship ausschrieb. Ich bewarb mich und bin nun seit 1. September 2020 als Dozent an der Fachhochschule tätig.

Schon der Onboarding-Prozess gestaltete sich sehr positiv. Auf eigenen Wunsch wurde ich temporär zu laufenden Projekten hinzugezogen und konnte bereits in dieser Phase aktiv Ideen beisteuern. So bekam ich die Gelegenheit und ausreichend Zeit, dieses neue System kennen und verstehen zu lernen. Diese Einarbeitung erleichterte mir den Start. In den ersten Monaten sammelte ich durchwegs schöne Erfahrungen: mit meinen Kolleginnen und Kollegen, den Arbeitsinhalten, den Studierenden und der Hochschulkultur.

Kooperation statt Konkurrenz

Statt interner Konkurrenz – wie sie in vielen Wirtschaftsunternehmen herrscht – erlebe ich Kooperation und Unterstützung. Im September begann ich mit der Lehre bei den MSE-Kursen zu den Themen «Technology Management» und «Innovations- und Changemanagement». Jeder Kurs hat mehr als 100 Studierende. Es ist schön mitzuerleben, wie die Studierenden das Wissen aus meiner Praxis und die Theorie aufsaugen und hoch motiviert Woche für Woche dabei sind. Die Wissensvermittlung online zu gestalten ist eine riesige Herausforderung, welche selbst mich als ehemaligen CEO fordert, obwohl das Online-Arbeiten in meinen internationalen Tätigkeiten zum Alltag gehörte.

Zusätzlich lehre ich in der Bachelorstudienrichtung Sport Management das Thema «Innovation». Hier finden die Vorlesungen hybrid statt – eine gute Gelegenheit, die Studierenden live kennenzulernen. Einen kleinen Ausflug zurück in die Vergangenheit startete ich mit den Studierenden aus dem Executive Master of Business Administration in einem Workshop. Ich spornte sie in «alter Business-Manier» an, innerhalb weniger Stunden spannende digitale Geschäftsmodellideen zu entwickeln. Anfangs waren sie sehr überrascht und irritiert, am Schluss aber von den Ergebnissen begeistert.

Dieter Conzelmann, Dozent am SIFE

Besonders freute ich mich über das mir nach so kurzer Zeit entgegengebrachte Vertrauen: Ich übernahm interimistisch die Studienleitung für die neue – im Herbst 2021 startende – Bachelorstudienrichtung «Digital Supply Chain» und kümmerte mich um die Entwicklung der Inhalte und die Vermarktung. Aktuell entwickle ich in Zusammenarbeit mit der Graubündner Kantonalbank ein Teilmodul zum Thema «Prozess-, Projekt- und Changemanagement». Auffallend ist für mich, dass meine praktischen Erfahrungen an der FH Graubünden sehr willkommen sind. Wer sich für angewandte Forschung interessiert, sein Wissen gerne weitergeben möchte, ein wertschätzendes Umfeld mit vielen Freiheiten sucht und an dem Ort arbeiten möchte, an dem andere Urlaub machen, der ist bei der FH Graubünden genau richtig!