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Die doppelte Bedeutung von F&E
Die doppelte Bedeutung von F&E

Die doppelte Bedeutung von F&E

Patricia Deflorin ist Professorin für Innovationsmanagement und Forschungsleiterin des Schweizerischen Instituts für Entrepreneurship. Innovationsmanagement und Internationalisierung sind nur zwei ihrer Schwerpunkte. Tönt beeindruckend. Doch was macht die Betriebswirtschafterin eigentlich genau?

Text: Thomas Kaiser / Bilder: FH Graubünden

Digitalisierung? Ja. Innovation? Okay. Innovationsmanagement? Gut. Internationale F&E-Netzwerke? Eher nicht. Und wie steht es mit der Generierung und Analyse von IoT-Geschäftsmodellen? Nun ja …

Patricia Deflorin, Professorin für Innovationsmanagement

Irgendwann schwindet das Verständnis für jene Dinge, mit denen Patricia Deflorin beruflich zu tun hat – irgendwann wird das Gegenüber meist ratlos. Und wenn sie geradewegs gefragt wird: «Frau Deflorin, was arbeiten Sie denn eigentlich genau?», dann muss sie lachen. Zumindest dann, wenn ihr Lebenspartner neben ihr steht und sie mit erwartungsvollen grossen Augen sowie einem Schmunzeln anblickt. Denn Marco Brot ist gelernter Schreiner, Hüttenwart der Silvrettahütte des Schweizer Alpen-Clubs – und immer gespannt, wie Patricia Deflorin erklärt, «was genau» sie arbeitet. Denn schliesslich arbeitet die Forscherin nicht nur viel, sondern auch viel auf verschiedenen Gebieten. Noch dazu steckt sie bei ihrer Arbeit oft im Morgen oder Übermorgen: Sie hat beispielsweise mit Technologien zu tun, die erst noch Fuss fassen müssen, und mit Unternehmen, die in der Digitalisierung die Nase möglichst weit vorne haben wollen. Irgendwann wird aus dem Morgen und Übermorgen zwar ein Heute, doch bis dahin bleibt vieles spekulativ – und viele Austauschmöglichkeiten im Alltag bieten weder das Wissenschaftliche noch das Spekulative. Aber Patricia Deflorin nimmt das locker. Und so ganz generell lässt sich sagen, dass sie an der Fachhochschule Graubünden in drei Bereichen tätig ist: Forschung, Lehre und Führung.

Von Wertschöpfung und Workshops

In der Forschung beschäftigt sich Patricia Deflorin insbesondere mit der Gestaltung internationaler Wertschöpfungsnetzwerke sowie dem Management der digitalen Transformation. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das: Sie forscht, wie ein Unternehmen die Wertschöpfungserbringung optimal gestalten kann – und zwar auch unter Einbezug von Wissen, Fähigkeiten oder Produktionsmitteln, die extern schon vorhanden sind. Die Erbringung der Wertschöpfung verläuft heute häufig nicht mehr linear, sondern in Netzwerken, was ein kompliziertes Zusammenspiel vieler Partner bedeutet. Patricia Deflorin erforscht auch, welche Technologien ein Unternehmen bestmöglich nutzen kann, wie Ideen umgesetzt und wie die digitale Transformation gestaltet und angestossen werden kann. Solche Themen erarbeitet sie oft direkt mit Firmen zusammen. So hat sie etwa die Rhätische Bahn bei der Entwicklung eines Innovationsprozesses unterstützt. Für die Öffentlichkeit sichtbar geworden ist diese Zusammenarbeit mit dem sogenannten «InnoTren», einem modern eingerichteten Bahnwagen, der für Meetings oder Workshops gemietet werden kann und die Kreativität ins Rollen bringen soll.

In der Lehre vermittelt Patricia Deflorin das Wissen, das sie sich im Betriebswirtschaftsstudium an der Universität St. Gallen und – unter anderem – als Research Fellow an der Ohio State University und als Oberassistentin am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität Zürich angeeignet hat. Dort nutzt sie zudem ihren Erfahrungsschatz, der sich durch ihre Arbeit bei Firmen wie Siemens Schweiz AG angesammelt und im Zuge vieler gemeinsam mit Industriepartnern durchgeführter Projekte im Bereich der angewandten Forschung vergrössert hat. Nicht zuletzt didaktisch profitiert sie auch von ihren Erfahrungen als Privatdozentin der Universität Zürich.

 

Im Bereich Führung ist sie Forschungsleiterin und Mitglied der Institutsleitung des Schweizerischen Instituts für Entrepreneurship (SIFE) der Fachhochschule Graubünden.

Das SIFE ist eine Art Kompetenzzentrum für Innovation und unterstützt Firmen etwa bei der Entwicklung von neuen Geschäftsfeldern oder digitalen Strategien sowie bei der Internationalisierung und im Supply Chain Management.

Befruchtend statt belastend

Forschung, Lehre, Führung: Ist das nicht alles ein bisschen viel? «Diese Bereiche», sagt Patricia Deflorin, «greifen stark ineinander über – und das wirkt nicht belastend, sondern befruchtend.» Der Wissensaufbau durch die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft ermögliche den Wissenstransfer von der Forschung in die Lehre, was sehr wichtig sei – gerade auch, weil die Studentinnen und Studenten so nahe am Puls der Wirtschaft und der Forschung seien. Ebenso wichtig scheint es ihr aber, dass es bei alldem nicht nur um sie geht. Im Gespräch verweist sie immer wieder auf Fachkräfte, mit denen sie interdisziplinär zusammenarbeitet, und auf Forschungsteams, deren Wissen und Know-how sie nutzen kann. Das sei einer der Vorteile der Fachhochschule Graubünden: Sie sei nicht allzu gross und nicht allzu starr, man wisse in etwa, wer gerade woran forsche und wo Synergien genutzt werden könnten. Doch verweist Patricia Deflorin aus Bescheidenheit auf die Fachkräfte und Forschungsteams? Das wohl auch. Aber das verhältnismässig leicht zu erzielende Zusammenspiel verschiedener Institute und Fachbereiche an der Fachhochschule Graubünden, das Interdisziplinäre, das scheint für sie tatsächlich zu funktionieren und ihr auch wirklich ein Anliegen zu sein.

Damit ist aber noch nicht geklärt, was internationale F&E-Netzwerke sind und was es mit IoT-Geschäftsmodellen auf sich hat. Patricia Deflorin könnte das nicht nur im Hörsaal erklären, sondern gut auch auf einer Berg- oder Skitour. Damit ist schon mal klar, dass die Professorin für Innovationsmanagement nicht nur in der digitalen Welt, sondern auch in den Bündner Bergen zuhause ist. Sie wohnte mit ihrem Lebenspartner bis vor Kurzem denn auch in Davos Wiesen, einem 400-Seelen-Dorf hoch über der Zügenschlucht, durch die von Davos her die Landwasser fliesst.

Also: IoT ist die Abkürzung für Internet of Things. Die Komponenten des IoT sind ein Gerät mit Sensoren, ein Netzwerk, das Daten überträgt, und ein System, das diese verarbeitet und Aktionen auslöst. Ein Beispiel hierfür ist die smarte Fabrik, in welcher Maschinen mit Maschinen kommunizieren und der Zustand von Maschinen in Echtzeit übermittelt werden kann. F&E bedeutet hingegen Forschung und Entwicklung. Und manchmal, wenn Patricia Deflorin in Klosters aufbricht, dem Verstanclabach folgt und dann am Medjibach entlang zur Silvrettahütte SAC aufsteigt, wenn sie dann ihren Lebenspartner und im Hintergrund den Silvrettagletscher erblickt, dann bedeutet F&E auch mal ganz einfach: Freizeit & Erholung.

Beitrag von

Thomas Kaiser, Wortwert.ch  Büro für Kultur und Kommunikation

Patricia Deflorin, Forschungsleiterin

Schweizerisches Institut für Entrepreneurship (SIFE)