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Der Weg zwischen Wünschbarem und Machbarem
Der Weg zwischen Wünschbarem und Machbarem

Der Weg zwischen Wünschbarem und Machbarem

Während rund fünfzehn Jahren hat Hans Peter Märchy das Amt für Höhere Bildung (AHB) des Kantons Graubünden geleitet und war in dieser Funktion ein wichtiges Bindeglied zwischen Politik und FH Graubünden. Dabei ging es oft darum, Lösungswege zwischen Wünschbarem und Machbarem zu finden.

Text und Bild: Luzia Schmid

Nach 15 Jahren als Leiter des Amtes für Höhere Bildung (AHB) des Kantons Graubünden sind Sie im Sommer 2020 in Pension gegangen. Welches war Ihr «Herzensgeschäft» in Ihrer Zeit als Amtschef?
Grundsätzlich war für mich jedes Geschäft mit einem grossen persönlichen Einsatz verbunden. Besonders am Herzen lag mir die Erarbeitung des kantonalen Hochschul- und Forschungsgesetzes, welches die Grundlage für die aktuell gültige kantonale Hochschul- und Forschungsstrategie bildet. In diesem Gesetz haben wir die Stärken des Kantons zusammengefasst. Mit der gegenwärtigen Erweiterung um den Bereich Innovation in Zusammenarbeit mit dem Amt für Wirtschaft und Tourismus entsteht mittelfristig eine kantonale Bildungs-, Forschungs- und Innovationsstrategie. Das sind hoch spannende Arbeiten.

Sie haben auch die Loslösung der FH Graubünden von der Fachhochschule Ostschweiz und ihren Schritt in die Selbstständigkeit intensiv begleitet. Was waren die Herausforderungen bei diesem Projekt?
Persönlich war die Herausforderung eher emotionaler Art: Auf Amtsleitungsstufe konnten wir in den vergangenen Jahren sehr gut zusammenarbeiten und haben gemeinsam versucht die Weiterentwicklung der Fachhochschule Ostschweiz zu unterstützen. Mit dem Entscheid, dass sich der Kanton Graubünden aus dem Verbund der FHO löst, wurden wir auch von den Planungsarbeiten für den Aufbau der OST (Ostschweizer Fachhochschule) ausgeschlossen. Für mich gingen damit wertvolle Beziehungen verloren.

Und was waren die formellen Schwierigkeiten?
Das waren gewaltige Herausforderungen. Zunächst musste die damalige HTW Chur gemäss Hochschulförderungsgesetz des Bundes akkreditiert werden, was eine Herkulesaufgabe war. Die Beantragung der beitragsrechtlichen Anerkennung beim Bund war ein absolutes Novum in der schweizerischen Fachhochschullandschaft und der Ausgang war sehr unsicher. Die Grundlage für die Beitragszahlungen aus den anderen Kantonen gemäss Fachhochschulvereinbarung schufen wir mit grosser Unterstützung der Mitarbeitenden des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation sowie des Kantons St. Gallen. Das war ein sehr anspruchsvoller, aber bis jetzt erfolgreicher Prozess.

Was bedeutet diese Selbstständigkeit für die Bildungslandschaft im Kanton Graubünden?
Nun geht es um das Bestehen im nationalen und internationalen Wettbewerb, auch bei der Akquisition von Studierenden. Die FH Graubünden braucht Gelder für Forschungsprojekte und Innovationen. Für einen kleineren Player abseits der grossen Zentren ist dies anspruchsvoll. Die Fachhochschule ist aber auch eine (Ausbildungs-)Partnerin der Bündner Unternehmen. Diese Rolle soll sie mit den innovationsstrategischen Überlegungen des Kantons noch stärker wahrnehmen, um den volkswirtschaftlichen Nutzen der Hochschule zusätzlich zu erhöhen.

Der Chef des Amtes für Höhere Bildung ist sozusagen das Bindeglied zwischen Politik und Bildungsinstitutionen im Kanton. Welche Herausforderungen bringt diese Rolle mit sich?
Man hat eine Art Scharnierfunktion. Konfliktpotenzial besteht etwa bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben gegenüber den Bildungsinstitutionen sowie den politischen Entscheiden. Dabei kommt es immer wieder zu Zielkonflikten. Hier einen Weg zwischen Wünschbarem und Machbarem zu finden, ist eine grosse Herausforderung.

Als Bindeglied waren Sie auch für die FH Graubünden die Ansprechperson beim Kanton und ein wichtiger Partner. Wie haben Sie die Zusammenarbeit erlebt?
Diese Zusammenarbeit hat immer gut funktioniert, auch wenn wir in Sachfragen nicht immer gleicher Meinung waren. Wir haben auf Vertrauen und Verlässlichkeit bauen können. Die Grundlage für die Zusammenarbeit bilden die Gesetze und ein jeweils vierjähriger Leistungsvertrag zwischen der Regierung und der FH Graubünden. Das Amt für Höhere Bildung hat die Einhaltung dieser Vorgaben zu überwachen.

«Der Weg der FH Graubünden in die Selbständigkeit war eine gewaltige Herausforderung und die beitragsrechtliche Anerkennung beim Bund ein Novum in der Schweiz.»
Hans Peter Märchy, Ehemaliger Leiter des Amtes für Höhere Bildung Kanton Graubünden

Im Mittelpunkt dieser Ausgabe steht die FH Graubünden als Arbeitgeberin. Sie haben als Lehrbeauftragter einst selbst dort unterrichtet. Wie haben Sie die damalige HTW Chur als Arbeitgeberin erlebt?
Ich war Anfang der Neunzigerjahre als Dozent für Mathematik im Rahmen der damals neu konzipierten Telekommunikationsausbildung an der HTW Chur tätig. Mein Unterrichtszimmer befand sich im oberen Stock der Karosserie Theus. Ich fühlte mich damals nicht so sehr als Dozent an einer Hochschule, sondern eher als Pionier in einem Start-up-Unternehmen. Als 1993 die Räumlichkeiten an der Pulvermühlestrasse bezogen wurden, war das ein Quantensprung in puncto Standort und Infrastruktur.

Der Arbeitsort ist Ihrer Meinung nach also nicht entscheidend?
Mit einer guten Idee und entsprechender Motivation kann man auch unter schwierigen Arbeitsbedingungen erfolgreich sein. Um aber von aussen wahrgenommen zu werden, spielt ein Gebäude mit Ausstrahlung eine zentrale Rolle. Deshalb ist es wichtig, neben guten Inhalten, die regional und überregional wahrgenommen werden, auch über eine entsprechende Infrastruktur zu verfügen, was ja mit dem geplanten Fachhochschulzentrum auch angestrebt wird.

Was macht in Ihren Augen eine attraktive Arbeitgeberin aus?
Wichtige Stichworte hierfür sind herausfordernde Aufgabenstellungen, flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege, soziale Verantwortung der Institution gegenüber Mitarbeitenden, Auftraggebenden und der Umwelt sowie finanzielle Ressourcen. Beim Kanton hat sich in diesen Bereichen in den letzten Jahren vieles verändert. Die öffentliche Verwaltung ist wettbewerbsorientierter geworden, den Beamtenstatus mit einem Job auf Lebzeiten gibt es nicht mehr.

Sie sind mit Leib und Seele ein Bildungsexperte, haben sich über Jahre für die Bildung und die Schulen im Kanton engagiert. Seit letztem Sommer sind Sie auf dem Papier im Ruhestand. Was macht ein Hans Peter Märchy ohne Aufgaben im Auftrag der Bildung?
Im Moment bin ich noch stark mit diversen Mandaten aus dem Bildungsbereich in einem Teilpensum für das AHB beschäftigt. Sie sehen also, dass mich dieser Bereich auch im Ruhestand nicht ganz losgelassen hat. Zudem habe ich Enkelkinder, welche sukzessive ins Bildungssystem eintreten, und hier verfolge ich die Umsetzung des Lehrplans 21 im direkten Austausch mit ihnen. Persönlich bin ich aber auch froh, dass ich über mehr Zeit für meine Familie und für Reisen mit meiner Frau verfüge.

ÜBER HANS PETER MÄRCHY:

Hans Peter Märchy, Jahrgang 1955, studierte an der Universität Zürich Mathematik und schloss sein Studium mit einer Dissertation in angewandter Mathematik ab. Danach arbeitete er bei der Schweizerischen Nationalbank in der Software-Entwicklung. 1989 wechselte er als Lehrer für Mathematik und Informatik an die Bündner Kantonsschule, deren Rektor er 1994 wurde. Im Januar 2006 übernahm er die Leitung des neugeschaffenen Amtes für Höhere Bildung (AHB). Neben der Mitgliedschaft in verschiedenen Hochschulräten war er auch Vizepräsident des Hochschulrats der FHGR.

NEUER AMTSCHEF:

Seit 1. August 2020 leitet der 51-jährige Gion Lechmann das Amt für Höhere Bildung. Auch er war zuvor rund 15 Jahre lang Rektor der Bündner Kantonsschule. Nach Abschluss des Bündner Lehrerseminars, dem Erwerb des Sekundarlehrerdiploms und des Diploms für das Höhere Lehramt promovierte Lechmann an der Universität Freiburg mit einer Dissertation zur Rätoromanischen Sprachbewegung. Das AHB ist die Schnittstelle zwischen der kantonalen Verwaltung und den Bildungsinstitutionen des tertiären Bildungsbereichs, den verschiedenen im Kanton tätigen Forschungsanstalten sowie den Vollzeitschulen der Sekundarstufe II.

Beitrag von

Luzia Schmid, Projektleiterin, Hochschulkommunikation