Internet läuft Bezahlmedien immer mehr den Rang ab
Bezahlte Informationen und der Journalismus haben einen schweren Stand gegenüber Gratis-Angeboten im Internet und den populären Streaming-Angeboten wie Netflix oder YouTube. Dies zeigt eine Nutzungserhebung, die bei Studierenden des Bachelorstudiums Multimedia Production durchgeführt wurde. Diese Entwicklung fordert auch die Fachhochschule.
Text: Marius Hagger / Bild: Fachhochschule Graubünden
Seit 2016 werden zu Beginn des Herbstsemesters im Bachelorstudium Multimedia Production jeweils rund 100 Studierende zu ihrem Mediennutzungsverhalten befragt. Die Resultate dieser Befragung fliessen im Fach Medienbetriebswirtschaftslehre in den Unterricht ein. Die jüngste Befragung zeigt, dass sich der Trend der vergangenen Jahre weiter fortsetzt: Internet und Social Media laufen den klassischen Journalismus-Formen immer mehr den Rang ab. Die Bereitschaft, für Inhalte zu bezahlen, wird immer kleiner. Mehr als die Hälfte der Studierenden gibt an, für News nicht zu bezahlen, «weil im Internet sowieso alles gratis zu lesen ist».
Auch nimmt die Zeitdauer immer mehr zu, die Studierende im Netz verbringen: Fast die Hälfte der Befragten gibt an, drei bis fünf Stunden pro Tag online zu sein. Wer täglich Stunden mit Clips, Serien und Filmsequenzen verbringt, wendet zwangsläufig weniger Zeit für den ebenfalls zeitintensiven Konsum von qualitativ hochwertigem Journalismus auf. Dies muss als kritische Entwicklung betrachtet werden, der die FH Graubünden begegnen sollte ‒ zumal es dabei letztlich auch um das Funktionieren der Demokratie geht. Denn klar ist, dass das Scanning von News mit allfälliger kurzer Recherche via Google die fundierte Kenntnis komplexer Zusammenhänge nicht ersetzt.
Der Medienkonsum der Studierenden zeigt denn auch auf, dass es sinnvoll ist, Formen von Blended Learning in einer Kombination mit herkömmlichen Unterrichtsformen anzubieten. Darin könnte auch eine Chance bestehen. So ist nämlich die zeitversetzte Nutzung von Inhalten nicht nur für Netflix-Serien attraktiv, sondern auch für Vorlesungen.
Schliesslich zeigt das Nutzungsverhalten der Studierenden auch auf, welche Medientrends in welchen Branchen neue oder zusätzliche Arbeitsplätze generieren werden. Diese Informationen können der FH Graubünden aufzeigen, wofür die Studierenden ‒ speziell jene am Institut für Multimedia Production ‒ ausgebildet werden sollen.
Das Mediangebot der Zukunft
Bei der Untersuchung werden die Studierenden jeweils auch gefragt, welches Medienprodukt ‒ das es in dieser Form noch nicht gibt ‒ sie sich wünschen würden. Zuoberst auf der Wunschliste steht dabei eine Plattform respektive App, die sämtliche benötigte Kanäle für News, Entertainment und Services ‒ wie etwa Shopping oder Finanzen ‒ vereint. Die Befragten hätten dieses Angebot natürlich am liebsten kostenlos und werbefrei. Dieser Wunsch kann unter dem Aspekt der Finanzierung natürlich nicht aufgehen. Eine Studentin beschrieb ihr Wunschangebot denn auch als «den Fünfer und das Weggli».
Falls es nicht möglich sein sollte, ein solches Medienangebot kostenlos zur Verfügung zu stellen, sollte es sich nach Ansicht der Befragten finanziell im Rahmen von Netflix oder Spotify bewegen. Eine weitere Forderung an das Angebot ist, dass die Informationen «hochwertig» sowie «politisch neutral» sein sollten. Um das perfekte Medienangebot der Zukunft noch abzurunden, sollte es zudem «modular», «individuell wählbar» sowie «personalisierbar» sein und, ganz im Sinne der heutigen Zeit, eben auch «on demand».
Ein solches Produkt würde zweifellos einem Marktbedürfnis entsprechen. Den Interessen der Anbieter aber wohl eher nicht, da sie ihre Produkte mit denjenigen ihrer Konkurrenten bündeln und mutmasslich zu einem relativ tiefen Discount-Paketpreis anbieten müssten.