In der Hotellobby vom Roboter begrüsst
Durch die digitale Transformation verändert sich unsere Verhaltensweise und es entstehen neue Interaktionen zwischen Mensch und Technik. Soziale Roboter sind mittlerweile nicht nur Science Fiction, sondern bereits Realität. Die Fachhochschule Graubünden untersucht nun in einem Projekt, ob Roboter in der Hotellerie eingesetzt werden könnten.
Text: Jan Mosedale / Bild: Opera Hotel Zürich
Die Digitalisierung ist ein grundlegender technologischer Prozess mit tiefgreifenden Auswirkungen sowohl auf Unternehmen als auch auf die Gesamtgesellschaft. So lautet zum Beispiel ein Sprichwort: «Digital [transformation] is 10% tech and 90% human.» Durch neue technische Möglichkeiten ändert sich unsere Art zu konsumieren, zu arbeiten und die Freizeit zu gestalten. Soziale Roboter spielen dabei eine immer grössere Rolle. Seien es der R2-D2 in «Star Wars», humanoide Roboter in den «Terminator»-Filmen oder Transformers: Die Interaktion zwischen Mensch und Technik wird immer bedeutender.
Soziale Beziehungen mit Robotern
Solche Roboter weisen meist eine oder mehrere der folgenden Fähigkeiten auf: Sie kommunizieren entweder verbal (natürliche Sprache) oder nonverbal (Licht, Bewegung oder Ton), können selbst Emotionen ausdrücken und/oder menschliche Emotionen wahrnehmen, besitzen eine eigene Persönlichkeit, erlernen soziale Fähigkeiten, bauen soziale Beziehungen auf und erhalten diese. Aber warum braucht es überhaupt soziale Roboter? Der Mensch ist von Natur aus ein soziales Wesen und verbringt einen Grossteil seiner Zeit damit, vielfältige soziale Verbindungen mit anderen aufzubauen. Diese soziale Dimension veranlasst Menschen, selbst nichtmenschlichen Objekten soziale Qualitäten zuzuschreiben und diese häufig so zu behandeln, wie sie Menschen oder andere Lebewesen behandeln würden. Technologien, die zur sozialen Interaktion mit Menschen fähig sind, stellen daher einzigartige technologische Innovationen dar und eröffnen interessante Anwendungsmöglichkeiten.
In einem von Innotour unterstützten Projekt untersucht ein Team des Instituts für Freizeit und Tourismus der FH Graubünden den Einsatz zwei verschiedener sozialer Robotern in der Hotellerie. Die Roboter mit unterschiedlichen Funktionalitäten werden in zwei Fallstudien eingesetzt, um die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse sowie die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen mit der Schweizer Hotellerie zu teilen. Dabei sollen die Roboter nicht nur zu Marketingzwecken eingesetzt werden, sondern sowohl den Gästen einen Mehrwert bieten als auch durch Prozessautomatisierung Arbeitsabläufe optimieren. Ziel ist es, auch die Anreise, den Aufenthalt und die Abreise des Gastes zu vereinfachen und die digitale Zusammenarbeit verschiedener touristischer Partner zu erleichtern.
Empfehlungen für andere Hotels
Da bei einem Einsatz von Robotern in der Hotellerie verschiedene Perspektiven in Betracht gezogen werden müssen, berücksichtigt das Projekt die Perspektiven der Hotelgäste, der Mitarbeitenden und des Hotelmanagements. Das gewählte Forschungsdesign folgt einem PART-Ansatz, indem Daten vor (prospective, P), während (active, A) und nach (reflective, R) der Interaktion mit dem Roboter erhoben und anschliessend trianguliert (T) werden. Dabei werden unterschiedliche Forschungsmethoden eingesetzt, um quantitative und qualitative Einblicke zu gewinnen. Vor dem Hotelaufenthalt werden die Einstellung und Akzeptanz der Hotelgäste gegenüber Robotern mittels Fragebogen abgefragt und die Gäste werden anhand einer Marktsegmentierung gruppiert. Dadurch soll der Einsatz von Robotern künftig auch anderen Hotels ‒ je nach deren Zielgruppe(n) ‒ empfohlen bzw. nicht empfohlen werden. Nach dem Hotelaufenthalt findet eine weitere Datenerhebung mittels Fragebogen statt. Sie dient einerseits der Evaluation der Roboter, andererseits gibt sie auch Aufschluss über die Interaktion zwischen Gast und Roboter; dabei wird auch untersucht, ob sich die Einstellung der Gäste gegenüber den Robotern verändert hat. Die Evaluation wird anschliessend durch eine Gästefeedback-Analyse auf den entsprechenden Online-Plattformen ergänzt.
Vor und während des Robotereinsatzes werden die operativen Einsätze in Fokusgruppen mit dem Hotelmanagement und den Mitarbeitenden vorbereitet und evaluiert. Obwohl der kurzfristige Einsatz von Robotern in der Hotellerie in einem ersten Schritt für Marketingzwecke durchaus sinnvoll sein kann, muss ein langfristiger Einsatz einen klaren Mehrwert darstellen ‒ sei es für die Gäste, sei es für interne Arbeitsprozesse im Hotel.
Bedenken der Mitarbeitenden ernst nehmen
Mitarbeitende stellen eine wichtige Schnittstelle zum Gast dar, da sie durch ihr Verhalten die Werte des Hotels widerspiegeln. Deshalb ist es wichtig, ihre Bedenken und Ängste gegenüber der Künstlichen Intelligenz ernst zu nehmen und sie in den Veränderungsprozess miteinzubeziehen. Laut dem Lehrlingsbarometer 2017 der Hotel & Gastro Union sehen rund 51 Prozent der Befragten Roboter als Ergänzung für ihre Arbeit und 46 Prozent betrachten ihn als Konkurrenz. 30 Prozent haben etwas Angst und 5 Prozent grosse Angst, wegen eines Roboters ihre Arbeitsstelle zu verlieren. Wie gegenüber den menschlichen Mitarbeitenden müssen die Hotelangestellten auch zum Roboter Vertrauen aufbauen. In Form von Tagebucheinträgen reflektieren die Mitarbeitenden über ihre Interaktion mit dem Roboter und was dies für ihren Arbeitsalltag bedeutet. Gleichzeitig werden anhand von Beobachtungen in der Lobby vertiefende qualitative Daten zur Interaktion zwischen Gast und Roboter, Mitarbeitenden und Roboter sowie Gast und Mitarbeitendenerhoben.
Für den erfolgreichen Einsatz von Robotern in der Hotellerie ist der Faktor Mensch ausschlaggebend: Akzeptieren Gäste und Mitarbeitende den Einsatz von sozialen Robotern in der Hotellerie? Für welche Art von Hotel macht der Einsatz eines Serviceroboters Sinn? Können Roboter durch Prozessautomatisierung interne Arbeitsprozesse im Hotel optimieren? Im Laufe des Projekts werden diese Fragen beantwortet, womit ein wichtiger Grundstein für die weitere Digitalisierung in der Hotellerie gelegt wird.
Beitrag von
Prof. Dr. Jan Mosedale
Dozent und Projektleiter, Institut für Tourismus und Freizeit