Eine Exkursion als Mehrwert
10 Studierende des Master-Studiengangs Tourismus haben im Oktober 2015 an einer Exkursion zum Thema Erlebnismanagement und Produktinnovation teilgenommen. Die Exkursion ins Ötztal und ins Toggenburg hatte zum einen das Ziel, die Alpen als touristischen «Spielraum» und Modell für die Dringlichkeit von Produktinnovation, insbesondere – aber nicht ausschliesslich – in der Sommersaison, aufzuzeigen und andererseits, nachhaltige Lernmöglichkeiten ausserhalb des Klassenzimmers zu bieten.
Text: Jan Mosedale / Bild: Jan Mosedale
Die mehrtägige Exkursion im Master-Studiengang Business Administration Major Tourism ist eine ergänzende didaktische Lehr- und Lernform, die den Studierenden unterschiedliche Einblicke in die Tourismusbranche ermöglicht und verschiedene Ansätze zu den Herausforderungen im alpinen Tourismus, insbesondere im Rahmen der Produktinnovation für den Sommertourismus, aufzeigt. Dabei spielen die praktischen Vor-Ort-Erfahrungen anhand eines kleinen Forschungsprojektes genauso eine Rolle wie angeregte Diskussionen mit touristischen Leistungsträgern und das gemeinsame Kochen am Abend, um ein Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Gruppe zu entwickeln.
Von Wellness zu Adrenalin
Positive Urlaubserlebnisse stehen für den Gast an erster Stelle. Es ist daher wichtig, dass sich touristische Leistungsträger auf ihre Gäste einstellen und vor allem an den Berührungspunkten mit Mitarbeitenden gute Erlebnisse ermöglichen. Das Aqua Dome im österreichischen Ötztal, das sich als «Thermenresort der Alpen» positioniert, ist ein Alternativangebot für Schlechtwettertage im Winter und gleichzeitig Zusatzaktivität zum Wandern und Biken in der Sommersaison. Durch die Anwendung der teilnehmenden Beobachtung als Erhebungsmethode konnten die Studierenden die Gästeerlebnisse im Wellnessbad untersuchen und das Erlebnismanagement analysieren. Folgende Elemente, die bei der Gestaltung von Gästeerlebnissen eine Rolle spielen, wurden von den Studierenden hervorgehoben: Besucherlenkung, Architektur und Design, Einbettung in die Landschaft und in die Region. Nicht zu vernachlässigen ist auch der Einfluss anderer Gäste auf das Erlebnis.
Nach dem eher entspannenden Besuch des Aqua Domes stand am nächsten Tag Actionreicheres auf dem Programm. Zwar war die Area 47 leider schon für die Saison geschlossen, aber eine geführte Tour durch die Anlage zeigte klar das Potenzial von Abenteuererlebnissen für den Sommertourismus in den Alpen. Rund um das ursprüngliche Rafting Business sind in den letzten fünf Jahren eine Vielzahl unterschiedlicher Adrenalinerlebnisse entstanden. Auf einem Areal von 6,6 Hektaren befinden sich mehr als 35 verschiedene Aktivitäten: von einem Motocross-Parcours über eine Wakeboard-Anlage bis hin zu einem Hochseilgarten.
Die Area 47 verbindet Abenteuer- und Fun-Erlebnisse mit drei verschiedenen Beherbergungskonzepten: Tipis als einfache Unterkunft, Lodges im Tiroler Blockhaus-Stil und Doppelzimmer in Holzhäusern. Das Gesamtkonzept des Angebots ist aufgegangen: mehr als 200.000 Gäste strömen jeden Sommer in den alpinen Erlebnispark. Es ist also kein Wunder, dass die Anlage 2013 mit dem österreichischen Exportpreis ausgezeichnet wurde. Die Studierenden waren beeindruckt von der Infrastruktur sowie vom Erfolgskonzept, während der Sommersaison eine neue Gäste-Zielgruppe für diese Region anzusprechen und zu erreichen.
Kulturelle Identität und Wirtschaftsförderung
Innovative touristische Produkte einer etwas anderen Art bietet die Klangwelt Toggenburg ihren Gästen. Dabei stehen die kulturelle Identität sowie die Förderung des Tourismus und der Wirtschaft in der Region Toggenburg im Vordergrund. Durch die Entwicklung innovativer Produkte rund um die einmalige Klangkultur in der Säntis-Region unterstützt die Stiftung einen alternativen Sommertourismus, der zur Identität und Kultur der Region passt. Die Gäste sollen den Klang als emotional spürbar und wirksam erleben und ein gemeinschaftliches und verbindendes Erlebnis geboten bekommen. Seit 2004 organisiert die Klangwelt Toggenburg im Zweijahres-Rhythmus das Klangfestival Naturstimmen Alt St. Johann. Das internationale Gesangsfestival bringt während rund zwei Wochen Chöre und Solosänger und -sängerinnen zusammen und verbindet urtümliche und authentische Stimmen aus aller Welt.
Der Klangweg bietet seit 12 Sommersaisons jungen und älteren Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit, sich bei 25 Klanginstallationen mit dem Thema Klang und Musik zu befassen. Jedes Jahr wird der Klangweg weiter optimiert und das Produkt erneuert, um auch wiederkehrenden Gästen etwas Neues zu bieten. Mit einem Klangbegleiter waren die Studierenden beim ersten Schneefall der Saison auf einem Teilstück des Klangwegs unterwegs, erhielten einen Crashkurs zu den physikalischen Grundlagen von Klängen und konnten die verschiedenen Klanginstallationen ausprobieren. Zusätzlich zu den geführten Touren bietet die Klangwelt Toggenburg auch klangkulinarische Abendwanderungen sowie Konzerte an den Klanginstallationen an. Bei einem Besuch der Klangschmiede konnten sich die Studierenden anschliessend an der Esche aufwärmen und Wissenswertes über das Schmieden von Schellen, Klangschalen, Gongs und weiteren Klangobjekten erfahren und im Museum Klangexperimente mit verschiedenen Instrumenten und Installationen durchführen.
In einer Diskussionsrunde mit Stefan Keel, Projektleiter der Klangschmiede und des Klangwegs, und Sonja Fuchs, Leiterin Marketing und Co-Geschäftsführerin von Toggenburg Tourismus, konnten die Studierenden dann eingehend über die Kooperation zwischen den touristischen Leistungsträgern und die Bedeutung des Klangwegs für den Tourismus in der Region diskutieren. Keels Fazit zum Treffen:
«Die Studierenden der FH Graubünden haben in einer angeregten Diskussion weitere mögliche Produktangebote und Kooperationen erörtert. Der Austausch mit angehenden Touristikerinnen und Touristikern erlaubt es uns, in die Zukunft zu blicken und spekulativ Ideen zu entwickeln.»
Stefan Keel, Projektleiter Klangschmiede und Klangwegs
Theorie mit Praxis verknüpfen
Während der dreitägigen Exkursion konnten die Studierenden drei recht unterschiedliche Konzepte zur Stärkung des Sommertourismus kennenlernen und erleben. Jeancy Kabeya Tshiangu fasste die drei Tage folgendermassen zusammen:
«Als Tourismusstudent hat mir die Exkursion ermöglicht, einige theoretische Ausführungen aus Lehrveranstaltungen mit den Gegebenheiten vor Ort zu verknüpfen. Es war eine tolle Erfahrung, die Herausforderungen des Sommertourismus und besonders die Notwendigkeit, neue Angebote zu entwickeln, aus der Perspektive der touristischen Leistungsträger zu betrachten. Ausserdem hat die Exkursion dazu beigetragen, meine Mitstudierenden und die Dozierenden in einer entspannten Atmosphäre besser kennenzulernen.»
Jeancy Kabeya Tshiangu, Tourismusstudent
Beitrag von
Studienleiter MSc in Business Administration Major Tourism, Dozent, Projektleiter, Institut für Tourismus und Freizeit (ITF)