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Wertschöpfung und Margen in Landwirtschaft und nachgelagerten Industrien
Projekt auf einen Blick

Projekt auf einen Blick

Im Auftrag des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) wurden mittels ausgewählter statistischer Verfahren die Entwicklung der Bruttomargen und die Anpassung der Preise zwischen der Landwirtschaft und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen bei ausgewählten Fleisch- und Milchprodukten analysiert. Dafür standen Marktbeobachtungsdaten des BLW zur Verfügung: Sie umfassten die Einstandspreise, Nettoeinnahmen und Bruttomargen von Grosshandel, Gastronomie und Detailhandel (Rind-, Kalb- und Schweinefleisch). Zudem wurden die Produzentenpreise für Milch sowie die Konsumentenpreise für Vollmilch, Fruchtjoghurt, Gruyère und Emmentaler untersucht.

 

Margenentwicklungen

Für Rind-, Kalb- und Schweinefleisch konnte ein signifikanter Anstieg der Bruttomargen in den Sparten Grosshandel und Detailhandel im Zeitraum 2000 – 2013 festgestellt werden, was entweder auf einen Preisanstieg auf Seiten der nachgelagerten Wertschöpfungsstufen oder auf Kosteneinsparungen zurückzuführen ist. Im Gegensatz dazu sanken die Bruttomargen in der Gastronomie, was auf einen starken Wettbewerbsdruck hindeutet, sowie die Bruttomargen des Detailhandels für alle untersuchten Milchprodukte (signifikante Abnahme seit 2000).

Insgesamt deuten die empirischen Ergebnisse nicht darauf hin, dass die Margen der nachgelagerten Industrien auf Kosten der Landwirtschaft gewachsen sind. Sowohl die Produzentenpreise als auch die Preise der nachgelagerten Industrien haben sich gleichläufig entwickelt. Die Datenlage erlaubt jedoch keine Aussagen über die Nettomargen, da Daten zu Kostenentwicklungen auf den entsprechenden Stufen fehlen.

 

Wettbewerb in der Ernährungsbranche

Ein funktionierender Wettbewerb zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass Preissignale ohne Verzögerung zwischen Produzierenden und Konsumierenden weitergegeben werden. Mit ökonometrischen Modellen wurde untersucht, ob eine Asymmetrie in der Preisanpassung zwischen der Landwirtschaft und den nachgelagerten Wertschöpfungsstufen vorliegt, also ob Preiserhöhungen bzw. Preissenkungen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit zwischen den verschiedenen Wertschöpfungsstufen weitergegeben werden. Weder für Fleisch noch für Milch konnte mit den zur Verfügung stehenden Daten eine Asymmetrie in der Preistransmission festgestellt werden. Es liegt daher keine empirische Evidenz vor, die auf ein wettbewerbsverzerrendes Verhalten der nachgelagerten Industrien gegenüber den landwirtschaftlichen Produzentinnen und Produzenten schliessen lassen würde.

 

Marktsegmentierung im Wettbewerb

Mit Hilfe einer komparativ-statischen mikroökonomischen Analyse wurde der Einfluss einer Grenzöffnung auf unsere Landwirtschaft und die nachgelagerten Industrien untersucht. Dabei kommt dem Verhalten der Marktakteure im Wettbewerb eine besondere Bedeutung zu.

Die im schweizerischen Detailhandel bereits verfolgte Strategie der Produktdifferenzierung schafft für die einzelnen Detailhandelsunternehmen ein Umfeld monopolistischer Konkurrenz. Diese erlaubt es dem Detailhandel, höhere Preise festzusetzen und die Zahlungsbereitschaft der Konsumentinnen und Konsumenten für Premiumprodukte abzuschöpfen. Dies ist möglich, solange die Verbraucherinnen und Verbraucher bereit sind, einen höheren Preis für bestimmte Produkte (bzw. Produkteigenschaften) zu bezahlen. Auf diese Weise entstehen sogenannte Quasi-Monopolrenten. Ein wettbewerbspolitisch motiviertes Eingreifen des Staates ist aber nicht zwingend gerechtfertigt, da auch unter monopolistischer Konkurrenz Wettbewerb herrscht.

 

Auswirkungen einer Grenzöffnung

Generell dürfte eine Marktöffnung zu sinkenden Preisen für importierte Produktionsmittel führen, was sinkende Grenzkosten in der landwirtschaftlichen Produktion und damit – in Kombination mit dem wegfallenden Grenzschutz für landwirtschaftliche Produkte – sinkende Produzenten- und Konsumentenpreise mit sich bringen dürfte.

Im Standard-/Tiefpreissegment kann davon ausgegangen werden, dass der internationale Konkurrenzdruck zu sinkenden Produzenten- und Konsumentenpreisen führen wird. In der Folge ist eine zunehmende Verlagerung der einheimischen Produktion und Verarbeitung in das Hochpreissegment zu erwarten – mit differenzierten Produkten, die sich beispielsweise durch besondere Eigenschaften wie Bio oder Regionalität auszeichnen. In diesem Premiumsegment führt die monopolistische Konkurrenz zumindest kurzfristig zu höheren Konsumentenpreisen und Margen als im Standardsegment. Längerfristig sind aber auch in diesem Segment Weiterentwicklungen erforderlich, da aufgrund zunehmender Markteintritte bei einem Stillstand auch im Premiumsegment mit sinkenden Konsumentenpreisen zu rechnen ist.

 

Handlungsoptionen

Handlungsoptionen zur Erhöhung der Margen in der Landwirtschaft bestehen in a) der Unterstützung einer vertikalen Integration der landwirtschaftlichen Betriebe in die nachgelagerten Stufen der jeweiligen Wertschöpfungsketten sowie b) der strikten Verfolgung einer Produktdifferenzierungsstrategie im Premiumsegment. Letzteres führt zu einem Anstieg der Margen der gesamten Wertschöpfungskette. Gleichzeitig sinkt jedoch, trotz Preisprämien und höheren Produzentenpreisen, der prozentuale Anteil der Landwirtschaft an der gesamten Wertschöpfung. Dies liegt daran, dass bei stärker differenzierten Produkten ein zunehmend grösserer Teil der totalen Wertschöpfung durch die nachgelagerten Industrien in Form von Quasi-Monopolrenten abgeschöpft werden kann. Durch eine vertikale Integration entsteht die Möglichkeit, dass auch die landwirtschaftlichen Betriebe unmittelbar von der höheren Wertschöpfung profitieren.

  • Projekt

    Wertschöpfung und Margen in Landwirtschaft und nachgelagerten Industrien
  • Lead

    Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung (ZWF)
  • Projektleitung

    Hediger Werner Mehr über Hediger Werner
  • Beteiligte

    Bundesamt für Landwirtschaft
  • Forschungsfelder

    Regionalentwicklung
  • Auftrag/Finanzierung

    Bundesamt für Landwirtschaft
  • Dauer

    April 2013 - Juni 2014
Team

Team

Institutsleiter
Prof. Dr. Werner Hediger

Neben Mitarbeitenden der FH Graubünden war zusätzlich Nadja El Benni im Projektteam tätig.

Weiterführende Information

Weiterführende Information

Publikationen

  • El Benni, N.; Hediger, W. (2014): Wertschöpfung und Margen in Landwirtschaft und nachgelagerten Industrien. Wissensplatz 2/2014, S. 17-18.
     
  • El Benni, N.; Hediger, W. (2014): Wettbewerbsfähigkeit Landwirtschaft – nachgelagerte Industrien. Untersuchung zuhanden des Bundesamts für Landwirtschaft BLW. FH Graubünden, Juli 2014.
     
  • El Benni, N.; Hediger, W. (2014): Wettbewerbsfähigkeit Landwirtschaft – nachgelagerte Industrien. Agrarwirtschaft und Agrarsoziologie / Economie et Sociologie Rurales, 2014, S. 110-112.