Projekt auf einen Blick
Welchen Beitrag leistet die Wasserkraft an die nachhaltige Entwicklung?
Die Schweizer Wasserkraft steht vor grossen Herausforderungen, mit denen sich ein Forschungsteam der FH Graubünden als Teil eines nationalen Forschungsverbunds im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms NFP 70 «Energiewende» beschäftigt. Die Forschenden der FH Graubünden untersuchen insbesondere die regionalwirtschaftlichen Aspekte der Wasserkraft und führen eine integrierte Nachhaltigkeitsbeurteilung von Wasserkraftanlagen durch.
Projekt
Regionalwirtschaftliche Auswirkungen und Nachhaltigkeitsbeurteilung von Wasserkraftprojekten / Regional Impact Analysis and Sustainability Assessment of Hydropower («HP Sustainability»)Lead
Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung (ZWF) Mehr über Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung (ZWF)Projektleitung
Hediger Werner Mehr über Hediger WernerBeteiligte
Zentrum für Betriebswirtschaftslehre (ZBW)
Institute des Sciences de l'Environment, Université de Genève
Alpiq Suisse SA
Repower AG
Azienda Elettrica TicineseForschungsfelder
Regionalentwicklung Mehr über RegionalentwicklungAuftrag/Finanzierung
Schweizerischer Nationalfonds (SNF), Nationales Forschungsprogramm NFP70 «Energiewende»Dauer
Dezember 2014 - Mai 2018
Ausgangslage
Die Zukunft der Wasserkraft ist eine grosse Herausforderung für die nachhaltige Entwicklung in vielen Regionen. Wasserkraft ist nicht nur die wichtigste inländische Energiequelle der Schweiz und ein zentraler Pfeiler der Energiestrategie 2050 des Bundes. Sie stellt auch eine wichtige lokale Industrie und ein Rückgrat regionaler Volkswirtschaften dar. Insbesondere in den Gebirgskantonen generiert sie Einkommen und Beschäftigung sowie wichtige Einnahmen für die öffentliche Hand. Sie wirkt sich aber auch auf die Umwelt in diesen Gebieten aus.
Derzeit verhindert ungenügende Rentabilität die notwendigen Investitionen in die Wasserkraft. Angesichts der Bedeutung der Wasserkraft gilt es jedoch, neben der Rentabilität auch weitere gesellschaftliche, kulturelle und ökologische Aspekte, die mit der Nutzung der Wasserkraft einhergehen, zu berücksichtigen. In Anbetracht des aktuellen Kostendrucks und der schlechten Marktaussichten könnte diese «zweite Dimension» zunehmend an Bedeutung gewinnen und eine umfassende Nachhaltigkeitsbeurteilung erfordern.
Projektziel
Insgesamt soll das Projekt dazu beitragen, sowohl kurz- als auch langfristig Zielkonflikte beim Bau und Betrieb von Wasserkraftanlagen offenzulegen, zu einem informierten Stakeholder-Dialog in regionalen Netzwerken und Workshops zu führen und eine frühzeitige Optimierung von Wasserkraft-Projekten zu unterstützen.
Umsetzung
Um die verschiedenen Auswirkungen der Wasserkraftanlagen umfassend zu beurteilen, wurde ein Ansatz zur integrierten Nachhaltigkeitsbeurteilung entwickelt und auf ausgewählte Fallstudien angewandt. Dieser basiert einerseits auf einer systematischen Beurteilung der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen in der Bau- und Betriebsphase der Wasserkraftanlagen und andererseits auf der Bewertung von Kompromissen zwischen den einzelnen Nachhaltigkeits- und Entwicklungszielen aus Sicht der betroffenen Interessensgruppen.
Die systemische Sicht wird mit Hilfe einer konventionellen Nachhaltigkeitsbeurteilung, die Bewertung über einen ergänzenden Stakeholder-Dialog sichergestellt. Diese «beiden Seiten der Medaille» werden in einem iterativen Prozess zu einer integrierten Nachhaltigkeitsbeurteilung zusammengeführt. Der gewählte Ansatz zielt darauf ab, eine bessere Grundlage für eine umfassende, flexible und transdisziplinäre Nachhaltigkeitsbeurteilung zu schaffen und so zu einer besseren Entscheidungsfindung beizutragen.
Resultate
Auf der Basis bestehender Ansätze wurde ein für die Wasserkraft geeigneter Nachhaltigkeitsbewertungsrahmen entwickelt, der die verschiedenen Perspektiven und Ebenen zusammenführt. Neben den notwendigen technischen, ökonomischen, sozialen und ökologischen Kennzahlen und Abschätzungen ist insbesondere eine umfassende Bewertung der damit verbundenen Auswirkungen aus gesellschaftlicher Sicht erforderlich. Dies stellt eine besondere Herausforderung, aber auch eine Chance für ein solches Vorhaben dar.
Da Kosten und Nutzen der Wasserkraft über verschiedene Akteure verteilt sind und sehr unterschiedlich wahrgenommen werden, müssen sie zusammengeführt werden, um den Gesamtnutzen zu ermitteln. Eine frühe Einbindung der betroffenen Gruppen in einen umfassenden Stakeholder-Dialog ist daher ein Kernelement für erfolgreiche Wasserkraftprojekte. Aus dem gegenseitigen Austausch können nicht nur Verbesserungen für das Projekt selbst erwachsen. Auch dessen Akzeptanz kann gestärkt werden, wie die Begleitung von realen Wasserkraftprojekten verdeutlicht.
Eine Umsetzung von gesamtgesellschaftlich sinnvollen, doch aus rein privatwirtschaftlicher Perspektive unprofitablen Projekten ist dadurch nicht garantiert, aber im aktuellen Marktumfeld eine nicht zu vernachlässigende Dimension. Ein Projekt sollte dann realisiert werden, wenn dessen Gesamtwert – bestehend aus erwarteten zukünftigen Gewinnen, Wasserzins- und Steuereinnahmen sowie zusätzlichem Nettonutzen in den Bereichen Volkswirtschaft, Gesellschaft und Umwelt – positiv ist. Trifft dies zu, dann stellt sich nicht nur die Frage nach der künftigen Ausgestaltung von Wasserzinsen und Konzessionen: Auch die Eigentumsverhältnisse und die Rolle von Bund und Kantonen sind zu thematisieren.
Publikationen
- Barry, M.; Betz, R.; Fuchs, S.; Gaudard, L.; Geissmann, T.; Giuliani, G.; Hediger, W.; Herter, M.; Kosch, M.; Romerio, F.; Schillinger, M.; Schlange, L.; Schuler, C.; Schumann, R.; Voegeli, G.; Weigt, H. (2019). The Future of Swiss Hydropower: Realities, Options and Open Questions. Final Project Report, March 2019.
- Hediger, W. (2019). Corporate Social Responsibility and Governance of Hydropower – New Challenges in Energy Economics and Policy. IAEE Energy Forum, 2019(2).
- Herter, M.(2019). Optimierung von Wasserkraftprojekten durch den Einbezug von Stakeholdern. Wissensplatz, 2019(1): 26–27.
- Voegeli, G., Hediger, W., & Romerio, F. (2019). Sustainability assessment of hydropower: Using causal diagram to seize the importance of impact pathways. Environmental Impact Assessment Review, 77: 69–84.
Hediger, W. (2018). The Corporate Social Responsibility of Hydropower Companies in Alpine Regions—Theory and Policy Recommendations. Sustainability 2018, 10(10): 3594.
- Herter, M.(2018). Regionale Bedeutung der Schweizer Wasserkraft.FHO Campus-Magazin, 2018 (2): 6.
- Voegeli, G.; Gaudard, L.; Romerio, F.; Hediger, W. (2018). Framework for Decision-Making Process in Granting Rights to Use Hydropower in the European Context. Water, 2018 (10), 930.
- Barry, M.; Baur, P.; Gaudard, L.; Giuliani, G.; Hediger, W.; Schillinger, M.; Schlange, L.; Schumann, R.; Voegeli, G.; Weigt, H. (2017): The Future of Swiss Hydropower: Is there money left somewhere?, Interim Project Report ,«HP Future», HES-SO Valais-Wallis, FH Graubünden, Université de Genève, Universität Basel; Forschungsstelle Nachhaltige Energie- und Wasserversorgung FoNEW, Universität Basel, April 2017.
- Hediger W. (2017): The Corporate Social Responsibility of Hydropower Companies - A welfareeconomic approach with application to Alpine regions. Working Paper, SCCER CREST, Competence Center for Research in Energy, Society and Transition.
- Baur, P.; Hediger, W. (2016): Wasserkraft, Energiewende und nachhaltige Entwicklung: Vielfältige Auswirkungen, schmerzhafte Abwägungen. Wissenplatz 2/2016, S. 22-23.
- Gaudard, L.; Romerio, F.; Voegeli, G. (2016): L’hydroélectrique en Suisse du début du XXème siècle jusqu’au virage énergétique, Revue Historique Vaudoise, tome 124, pp.207–220.
- Hediger, W.; Voegeli, G. (2016): Sustainability Assessment of Swiss Hydropower: A Note on the State of the Art and Prospects for an Integrated Approach, Background Paper prepared for Arbeitsgruppe Energieforschung Alpen, Mountain Workshop, Bern, 9.–10.06.2016; Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung (ZWF), FH Graubünden.
- Barry, M.; Baur, P.; Gaudard, L.; Giuliani, G.; Hediger, W.; Schillinger, M.; Schumann, R. Voegeli, G.; Weigt, H. (2015): The Future of Swiss Hydropower: A Review on Drivers and Uncertainties, 1. Forschungsbericht zum Nationalfondsprojekt «HP Future», HES-SO Valais-Wallis, FH Graubünden, Université de Genève, Universität Basel; September 2015; FoNEW Discussion Paper 2015/01, Forschungsstelle Nachhaltige Energie- und Wasserversorgung, Universität Basel.
Team
Folgender ehemaliger Mitarbeiter der FH Graubünden hat an diesem Projekt mitgewirkt:
- Dr. Gianluca Giuliani, Flury-Giuliani GmbH
Neben Mitarbeitenden der FH Graubünden sind zusätzlich folgende Personen im Projektteam tätig:
- Guillaume Voegeli
- Dr. Franco Romerio
Weiterführende Information
In den Medien
- Baur, P.; Hediger, W. (2016): Wasserkraft, Energiewende und nachhaltige Entwicklung: Vielfältige Auswirkungen, schmerzhafte Abwägungen, Wissenplatz 2/2016, S. 22–23.
- Hediger W. (2014): Energiewende und Klimawandel: Neue Herausforderungen für die Wasserkraftnutzung, Die Baustellen 3-2014, S. 64–65. PDF
- Hediger W. (2014): Energiewende und Klimawandel: Neue Herausforderungen für die Wasserkraftnutzung, Wissensplatz 1-2014, S. 18–19. PDF
- Weigt, H. (2018). Welche Rolle hat die Wasserkraft in Zukunft? In Bulletin 2/2018, S. 18–22.