Projekt auf einen Blick
Unser Projekt analysiert den Einfluss von Verantwortlichkeit für Umverteilung auf deren Akzeptanz. Nur demjenigen, der ohne Eigenverschulden hilfsbedürftig ist, wird bereitwillig geholfen. Rentenversicherungssysteme sollten daher jeglichen Zweifel an der Bedürftigkeit der Transferempfängerinnen und -empfänger ausräumen.
Projekt
Gerechtigkeit, Anreize und heterogene Bedarfe, Teilprojekt der Forschergruppe Bedarfsgerechtigkeit und VerteilungsprozedurenLead
Zentrum für Wirtschaftspolitische Forschung (ZWF) Mehr über Zentrum für Wirtschaftspolitische Forschung (ZWF)Projektleitung
Nicklisch Andreas Mehr über Nicklisch AndreasBeteiligte
Prof. Dr. Monika Bütler, Universität St. Gallen
Prof. Dr. Frank Nullmeyer, Universität BremenTeam
Kienle Ann-Katrin Mehr über Kienle Ann-KatrinForschungsfelder
Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik Mehr über Arbeitsmarkt- und SozialpolitikAuftrag/Finanzierung
Schweizerischer Nationalfonds (SNF)Dauer
April 2018 - März 2021
Ausgangslage
In jeder Gesellschaft gibt es Bürgerinnen und Bürger, die weniger haben, als sie benötigen. Eine Hauptaufgabe staatlicher Tätigkeit ist daher der Einkommensausgleich innerhalb einer Gesellschaft. Den Schwachen und Bedürftigen einer Gesellschaft wird auf Kosten der Reichen und wirtschaftlich Erfolgreichen geholfen. Dies können unterschiedliche Dinge sein wie Essen, Unterkunft, gesundheitliche Versorgung oder allgemein finanzielle Mittel. Auch der Grad der Bedürftigkeit variiert sehr stark. Schliesslich kann sogar der Verwendungszweck variieren: Einigen Transferempfängerinnen und -empfängern wird über den Zuschuss der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht, andere erhalten eine reine Aufstockung der materiellen Ausstattung. Obwohl der Staat die hierfür erforderlichen Mittel durch Zwang umverteilen kann, ist doch die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung ein entscheidender Faktor für einen effizienten Einkommensausgleich. Schliesslich kann der Staat nicht bei allen Steuerpflichtigen eine Steuerprüfung vornehmen.
Als Schlüsselaspekt für die Akzeptanz von Umverteilung hat die Forschung die persönliche Verantwortung für die Bedürftigkeit der Transferempfängerinnen und -empfänger identifiziert. Ein stark wachsendes Forschungsfeld der Ökonomie analysiert Aspekte der Verantwortung für Bedürftigkeit. Meist geht es in diesen Studien um komplett selbstverschuldete oder rein auf Unglück zurückzuführende Bedürftigkeit. Doch die Wirklichkeit liegt meist dazwischen: Oft sind potenzielle Transferempfängerinnen und -empfänger teilweise verantwortlich.
Projektziel
Ziel unserer Projektstudie ist es, Umverteilungsmechanismen zu beleuchten und dabei die Grade an Verantwortung für Bedürftigkeit zu variieren. Insbesondere untersuchen wir, wie sich Teilverantwortlichkeit
der Transferempfängerinnen und -empfänger auf die Akzeptanz derjenigen, welche die Umverteilung finanzieren, auswirkt. Die vorliegende Studie analysiert hierzu theoretisch und experimentell Fälle von teilweiser Zurechenbarkeit für verschiedene Transferfolgen und testet zudem, wie unterschiedliche Verwendungszwecke in Kombination mit Teilverantwortung auf die Akzeptanz wirken.
Umsetzung
Unser Projektteam hat Experimente mit Probandinnen und Probanden in einem Forschungslabor durchgeführt, um den Forschungsfragen auf den Grund zu gehen. Das heisst, wir haben Studierende in einen Computerraum eingeladen, wo jede und jeder für sich oder in einer anonymen Gruppe wissenschaftliche Spiele am Bildschirm spielt. Im Gegensatz zu Umfragen können wir im Labor für alle Probandinnen und Probanden die Bedingungen konstant halten und genau die Aspekte variieren und beobachten, die für die jeweilige Studie interessant sind. Bei unserem Experiment haben alle Teilnehmende Punkte durch die Ausführung einfacher Denkaufgaben erworben. Dabei war es den Teilnehmenden freigestellt, einige Aufgaben nicht zu lösen, hierfür aber auch keine Punkte zu erwerben. Bei einigen Teilnehmenden war jedoch die Möglichkeit zur Bearbeitung der Aufgabe vorab ausgeschlossen, bei anderen war ein Teil der Bearbeitung ausgeschlossen. Teilnehmende, die alle Aufgaben bearbeitet hatten, konnten jeweils auf freiwilliger Basis anderen Teilnehmenden, die weniger Punkte besassen, Punkte abgeben. Es ist normal, dass in einem Spiel wie diesem, auch Diktatorspiel genannt, Punkte transferiert werden. Wir variierten dabei den Grad der Verantwortlichkeit der Empfängerin bzw. des Empfängers für die geringe Anzahl von selbst erworbenen Punkten. Gleichzeitig konnten Empfängerinnen und Empfänger, wenn sie genügend Punkte erhielten, entweder nochmals arbeiten oder an einer Lotterie teilnehmen. Insgesamt erworbene Punkte wurden dann später in Geld umgewandelt und den jeweiligen Teilnehmenden ausbezahlt.
Resultate
Unsere bisherigen Resultate weisen darauf hin, dass auch Zwischenstufen der Verantwortlichkeit für die Bedürftigkeit behandelt werden wie eine volle Zurechenbarkeit, solange nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Bedürftigkeit nur auf unglücklichen Zuständen basiert. Darüber hinaus wird der Einfluss der Verantwortung der Empfängerin oder des Empfängers auf die Akzeptanz der Umverteilung verstärkt, wenn Transfers es den Empfängerinnen und Empfängern ermöglichen, eine ähnliche Aufgabe im Nachhinein zu erfüllen. Wenn der Transfer der Empfängerin oder dem Empfänger erlaubt, die wirkliche Anstrengung erneut zu leisten, geben die Sendenden mehr Geld aus, als wenn der Transfer es der Empfängerin oder dem Empfänger erlaubt, anschliessend an einer Lotterie teilzunehmen. Für die Akzeptanz von staatlichen Umverteilungssystemen wie beispielsweise der Rentenversicherung ist es daher überaus wichtig, jeglichen Zweifel an der Bedürftigkeit der Transferempfängerinnen und -empfänger auszuräumen.
Team
Neben Mitarbeitenden der FH Graubünden sind zusätzlich folgende Personen im Projektteam tätig:
Prof. Dr. Monika Bütler, Universität St. Gallen
Prof. Dr. Frank Nullmeyer, Universität Bremen