Menu
Projekt
Arctic Alpine Network (ArcAlpNet)
Projekt auf einen Blick

Projekt auf einen Blick

Das transdisziplinäre Forschungsprojekt ArcAlpNet untersucht die sozialen Kooperationsstrukturen direkter und indirekter touristischer Leistungsträger innerhalb eines breiteren politischen und natürlichen Kontextes.

Ausgangslage

Ausgangslage

Den Hintergrund der Untersuchung bilden folgende Fragestellungen: Wie können Gemeinden/Destinationen an (isolierten) Orten ihre Resilienz gegenüber dem Klimawandel managen, planen und steigern? Was sind die Antriebsfaktoren für eine erhöhte Resilienz? Wie können diese gemessen und wie kann deren Einfluss auf die Resilienzentwicklung überwacht und überprüft werden?

Projektziel

Projektziel

Ziel des Projekts war es, die Auswirkung netzwerkspezifischer Eigenschaften auf die adaptive Resilienz (= Widerstandsfähigkeit) sensibler, isolierter Gemeinden – verkörpert durch Longyearbyen auf dem arktischen Archipel Spitzbergen und die drei Schweizer Gemeinden Andermatt, Disentis und Sedrun – gegenüber globalen Umweltveränderungen zu untersuchen. Im weltweiten durchschnittlichen Vergleich weisen beide Fallstudienregionen eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber dem Klimawandel auf und befinden sich in einer starken ökonomischen Abhängigkeit von der umweltgekoppelten Tourismusindustrie. Daraus resultiert eine hohe ökonomische Verwundbarkeit (= Vulnerabilität) durch Klimaveränderungen und weitere sozioökonomische Entwicklungen.

Umsetzung

Umsetzung

Um die enge Kopplung der untersuchten sozialen Netzwerke an die jeweiligen Ökosysteme zu berücksichtigen, wurde ein Netzwerk-Analyseansatz für eine kombinierte sozioökologische Systemforschung angewandt. Die soziale Netzwerkanalyse (SNA), die in diesem Projekt angewandt wurde, basierte auf schriftlichen Fragebögen anlässlich einer Vollerhebung der touristischen Akteure in den Gemeinden beider Regionen. Sie diente in einer ersten Phase zur Erfassung der Netzwerkgrösse und -typologie sowie zur Identifikation der wichtigsten Akteure. Persönliche Interviews mit der Snowball-Stichprobe halfen, divergente Auffassungen des Begriffs Kooperation aufzuzeigen und soziale Prozesse zwischen den Akteuren besser zu verstehen. Die Metriken der Resilienz wurden aus einem Blickwinkel der Gouvernanz anhand der wissenschaftlichen Literatur interpretiert und ergänzten die Interpretationen der Netzwerkstrukturen mit sozialen Wahrnehmungen aus den qualitativen Workshop-Diskussionen und den persönlichen Interviews.

Resultate

Resultate

Aus den Ergebnissen wurden Differenzen innerhalb der Netzwerkstruktur und daraus resultierende Konsequenzen ersichtlich. Das formale, langfristige Beziehungsnetz unter den Akteuren (Unternehmen) in den Surselva-Gotthard-Gemeinden ist im Gegensatz zu Longyearbyen dichter verknüpft, stärker zentralisiert und weniger in Untergruppen unterteilt. Während die höhere Dichte einen schnelleren und effizienteren Informationsfluss ermöglicht, begünstigt die stärkere Zentralisierung langfristige strategische Kooperationen und ein schnelleres Steuern kollektiver Aktionen. Die geringere Internationalisierung und geringere Fluktuationsrate reflektieren das über die Zeit gewachsene Kooperationsnetzwerk in dieser Region. Die Kehrseite ist die potenzielle Entstehung einer durch Ausschlussdenken geprägten Gruppenmentalität, welche das Einbringen neuer Ideen in das Netzwerk verhindern kann.

Die mehrheitlich kleinbetriebliche Untergruppenstruktur Longyearbyens mit einer hohen Internationalisierung und einer hohen Fluktuation begünstigt die höhere innovative Kapazität, steht jedoch im Widerspruch zu einer effektiven, gemeindeweiten Kommunikation und koordinierten Planung. Letztendlich wird dadurch die langfristige Zusammenarbeit in Richtung einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaft erschwert und strukturelle Veränderungen sind nur schwer möglich. Der Mangel einer gemeinsamen Vision, hohe Fluktuation, geringe Ortsverbundenheit und eine fehlende zentrale Führung sind Merkmale einer eher geringeren Resilienz gegenüber langfristigen Umweltveränderungen. Zu den wichtigsten identifizierten Kooperationslücken in Longyearbyen zählen die unzureichende Integration der touristischen Anbieter auf dem Festland (im Kreuzfahrttourismus), während es in der Surselva-Region an einer Kooperation zwischen den zwei Untergemeinden Andermatt und Disentis sowie zwischen zentralen und peripheren Akteuren innerhalb des Netzwerks mangelt. In Longyearbyen gaben Folgegespräche ein dichtes, durch die Umfrage nicht erfasstes, informelles Kooperationsnetzwerk zu erkennen, das schnelle Reaktionsmöglichkeiten auf kurzfristige Veränderungen zu ermöglichen scheint.

Die sozialen Kooperationsnetzwerke der zwei Untersuchungsregionen offenbaren zwei wichtige We­ge, wie die Stärken und Schwächen der Netzwerkstrukturen für die Resilienz genutzt oder korrigiert werden können. Um die Resilienz zu steigern, wird Longyearbyen empfohlen, die strategische und langfristige Kooperation zwischen den touristischen Leistungsträgern zu intensivieren. Als zentrales Unternehmen soll die Destinationsmanagementorganisation (DMO) gemeinsame Werte schaffen, periphere Akteure vermehrt in das Netzwerk integrieren und Visionen entwickeln, welche die individuelle und kollektive Ortsgebundenheit erhöhen und das Engagement in der lokalen, nachhaltigen Entwicklung potenziell begünstigen.

Den Surselva-Gotthard-Gemeinden wird zu einer Dezentralisierung der bestehenden Netzwerke zwecks Steigerung ihrer innovativen Leistung geraten, beispielsweise durch die Entwicklung einer regionalen DMO samt Einbindung peripherer Akteure. Zudem sollte eine öffentliche Diskussion über die Werte der Internationalisierung und den negativen Effekt einer kulturell geprägten Gruppenmentalität stattfinden. Die starke Identifikation mit Ort und Kultur – gekoppelt an eine effiziente, zentrale Kommunikationsstruktur – könnte sich vorteilhaft auf kollektive Massnahmen mit langfristigen Visionen auswirken.

Team

Team

Folgende ehemalige Mitarbeiter der FH Graubünden haben am Projekt mitgearbeitet:

  • Tobias Luthe (Projektleitung)
  • Romano Wyss

Kontakt

Studienleiter
Prof. Dr. iur. Andreas Deuber
Film zum ArcAlpNet-Projekt
Ein arktisch-alpiner Vergleich touristischer Kooperationsnetzwerke in der Resilienz zu Klimaveränderungen

Forschungsfeld

Beteiligte

Das Projekt ArcAlpNet wurde vom Institut für Tourismus und Freizeit (ITF) in Zusammenarbeit mit der Universität Genf, der CICERO Universität Oslo, Vibrant Data Labs sowie dem WWF Arctic Programme umgesetzt. Die lokalen Partner waren Svabard Reiseliv und das Programm San Gottardo. Das Projekt wurde vom Swiss Network of International Studies (SNIS) finanziert.