Projekt auf einen Blick
Die Hochgebirgsregion Ladakh gehört zum indischen Bundesstaat Jammu und Kashmir. Mit rund 290 000 Einwohnerinnen und Einwohnern auf einer Fläche von 59 146 km² – in der Grössenordnung der Schweiz – weist diese Region eine Bevölkerungsdichte von lediglich 5 Einwohnern/km2 auf. Die Verfügbarkeit von Süsswasser zu Bewässerungszwecken wird im Frühling infolge des Gletscherschwunds zu einem zunehmend kritischen Faktor, welcher die ohnehin problematische Entvölkerung als Folge der einseitigen Ausrichtung auf den Sommertourismus zusätzlich verstärkt. Dies führt zu einer rückläufigen landwirtschaftlichen Produktion und einer übervölkerten Hauptstadt (Leh). Die im Zuge des Gletscherrückzugs entstandenen Seen stellen zusätzliche Naturgefahren dar; sie haben bereits zu schlimmen Murgängen mit der Verschüttung ganzer Dörfer geführt.
In Ladakh leistet das Projekt «Ice Stupa Artificial Glaciers of Ladakh», welches 2016 mit dem Rolex Award for Enterprises ausgezeichnet wurde, erste Erfolg versprechende Schritte für eine Optimierung der Trinkwasser- und Wasserversorgung. Mit einfachsten Mitteln werden in der kalten Winterzeit konische Eiskegel hergestellt, deren Schmelzwasser im Frühling zur richtigen Zeit der Landwirtschaft zur Verfügung steht. Diese Ice Stupas könnten einerseits als Arbeitsangebot, andererseits auch als Baustein für die gezielte Entwicklung des Wintertourismus in Ladakh dienen, was die aktuell ungünstige Abwanderung der Bevölkerung über Wertschöpfungseffekte im Winter positiv beeinflussen könnte.
Projekt
Bau des ersten Ice Stupa in EuropaLead
Zentrum für Angewandte Glaziologie (ZAG) Mehr über Zentrum für Angewandte Glaziologie (ZAG)Beteiligte
GlaciersAlive, c/o Academia Engiadina, Architekturbüro Clavuot (Chur) HIAL (Himalayan Institute of Alternatives, Ladakh), Universität Fribourg, Höhere Fachschule für Tourismus Graubünden (Samedan), Hochschule LuzernForschungsfelder
Angewandte Glaziologie Mehr über Angewandte GlaziologieAuftrag/Finanzierung
Gemeinde Pontresina, Amt für Natur und Umwelt Graubünden, GlaciersAliveDauer
November 2016 – April 2021
Ausgangslage
In Zeiten grosser Gletscherschmelzprozesse sind wachsende Eismassen wohltuend. Im Engadiner Val Roseg wurde erstmals über mehrere Wochen ein Eisturm grösser und grösser. Er stand dort, wo das Tal allmählich breiter wird. Für dessen Bau haben der Engadiner Glaziologe Felix Keller und der Churer Architekt Conradin Clavuot den indischen Erfinder des konischen Eiskegels, Sonam Wangchuk, in die Schweiz eingeladen. So entstand der erste sogenannte Eis-Stupa Europas.
Im Engadin ist dieses Monument vorerst vor allem ein Symbol: Der Morteratschgletscher verliert jedes Jahr eine Masse von 15 000 solcher Stupas. Wenn die Erderwärmung in gleichem Masse weitergeht, werden bis 2050 etwa 60 Prozent des Gletschers verloren sein, wie verschiedene Klimastudien gezeigt haben. Laut einer ETH-Studie ist damit unklar, ob das Berninagebiet dann noch genügend Schmelzwasser liefern kann, um die grossen Grundwasserschichten des Oberengadins und dessen Quellwassereinzugsgebiete zu regenerieren. So soll nun der Eis-Stupa die Bevölkerung auf diese fatale Entwicklung aufmerksam machen.
Projektziel
Der Eis-Stupa – ein internationales Forschungsprojekt
Ziel des Forschungsprojekts ist es, zu verstehen, unter welchen Bedingungen der Stupa reagiert – wächst oder schmilzt – und wie schnell dies geht. Es interessiert uns, unter welchen meteorologischen Bedingungen ein Eis-Stupa bestehen kann, und wir versuchen, dessen Erzeugung bspw. durch den Einsatz der sich in der Entwicklung befindenden Schneiseil-Technologie zu optimieren. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt werden schlussendlich auch in Ladakh angewendet werden. Die gesammelten Erfahrungen werden somit direkt mit jenen von Ladakh und anderen Stationen verglichen – ein internationales Forschungsprojekt!
Umsetzung
Sensibilisierung für den Klimawandel
Ice Stupas verkörpern derart attraktive Eisformen, dass sie Menschen auf positive Art und Weise zum Nachdenken über den Klimawandel anregen.
Hilfe für Bauernhöfe
Bergbäuerinnen und Bergbauern in vergletscherten Gebirgsregionen können dank des gespeicherten Winterwassers ihre Felder im Frühling und Sommer besser bewirtschaften.
Die Wüste grüner machen
Das Wasser der Eis-Stupas kann dazu verwendet werden, die trockenen Gebiete mit Wasser zu versorgen. Dies ermöglicht es, eine Wüste oder Steppe mit Bäumen zu bepflanzen.
Resultate
Bis heute konnten in den Jahren 2016 bis 2019 im Val Roseg und beim Bahnhof Morteratsch ungefähr zwölf unterschiedlich grosse Ice Stupas gebaut werden. Besucherzählungen ergaben eine Zahl von ca. 1500 Besucherinnen und Besuchern pro Winter. Wir schätzen, dass bis heute von unseren Ice Stupas über 20 000 Bilder aufgenommen wurden. Mehr als 5000 Internetseiten kommentieren diese Wahrzeichen der Selbsthilfe im Himalaya.
Team
Das Projekt wurde zudem von nachfolgenden Personen unterstützt:
- Conradin Clavuot
- Suryanaryanam Balasubramanian
- Rafael Falk
- Sonam Wangchuk
- Christine Levy
- Stanzin Norboo
- Thupstan Dawa
- Rigzen Mingyur
- Clark Darren Thomas