Projekt auf einen Blick
Es ist unbestritten, dass die mediale Darstellung des Islam in der Schweiz stereotyp und unausgewogen ist. Wie kann dieser Missstand behoben werden? Ein Forschungsteam der FH Graubünden hat diese Frage im Auftrag des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) untersucht und verschiedene Lösungsvorschläge erarbeitet.
Projekt
Islam in den MedienLead
Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft (SII) Mehr über Schweizerisches Institut für Informationswissenschaft (SII)Projektleitung
Dahinden Urs Mehr über Dahinden UrsBeteiligte
Institut für Multimedia Production (IMP) Mehr zu den BeteiligtenTeam
Butz Heinrich Mehr über Butz HeinrichForschungsfelder
User Research Mehr über User Research Mediennutzung in der konvergenten Medienlandschaft Mehr über Mediennutzung in der konvergenten Medienlandschaft Innovative Storytellingformate und Arbeitsprozesse Mehr über Innovative Storytellingformate und ArbeitsprozesseAuftrag/Finanzierung
Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), BernDauer
September 2012 – Dezember 2012
Ausgangslage
Die mediale Darstellung des Islam in der Schweiz ist (ähnlich wie in anderen europäischen Ländern und den USA) unausgewogen und stereotypisiert. Die fast ausschliessliche Repräsentation des Islam im Kontext von internationaler Politik, Gewalt und Frauenunterdrückung ist mitverantwortlich für islamophobe Tendenzen und folglich eine Herausforderung für das friedliche Zusammenleben. Gleichzeitig fehlt in der medialen Darstellung der «normalisierte», also alltägliche und unproblematische Islam, wie er in der Schweiz gelebt wird. Dieser schürt unter der Bevölkerung (gemäss Umfragen im Nachgang zur Anti-Minarett-Initiative) auch keine Ängste.
Projektziel
Vor diesem Hintergrund wurde als Ziel für die vorliegende Studie festgelegt, eine Bestandsaufnahme der internationalen TV-Beispiele zu erarbeiten, die geeignet wären, eine «normalisierte» Darstellung des Islam und der Musliminnen/Muslime wiederzugeben. Die Beiträge sollten dabei (1) den Islam auf eine dem Zusammenleben dienliche und nicht moralisierende Art und Weise darstellen, (2) auf Beispiele von USA, Kanada und Europa fokussiert sein und (3) eine faire und realistische Darstellung des Islam und der Musliminnen/Muslime wiedergeben. Diese Bestandsaufnahme sollte eine nützliche Grundlage und Ausgangsbasis für die Aktivitäten der Arbeitsgruppe «Islam und Kommunikation» (ein Projekt des Aktivitätssektors Religion-Politik-Konflikt der Abteilung Menschliche Sicherheit des EDA) bieten.
Umsetzung
Die Resultate der vorliegenden Studie beruhen auf einer Datenbankrecherche sowie Experteninterviews mit Fachleuten aus der TV- und Filmbranche. Bei der Datenbankrecherche standen die folgenden drei Formate im Zentrum: Reportagen und Dokumentationen im TV, multimediale Formate im Netz sowie fiktionale TV-Formate. Als viertes Format wurden ergänzend auch Nachrichtensendungen mitbetrachtet, welche aber keiner klassischen Programmplanung unterlagen und deshalb nur von sekundärem Interesse waren. Im Anhang der Studie ist eine Auswahl von TV-Formaten (v. a. aus dem englischen Sprachraum) aufgeführt. Die Auswahl wird durch eine Zusammenfassung und eine subjektive Empfehlung zur möglichen Übertragbarkeit auf die Schweiz ergänzt.
Resultate
Die Ergebnisse der Studie und die Empfehlungen für die drei Formattypen lassen sich folgendermassen zusammenfassen: Reportagen und Dokumentationen im TV bieten vielversprechende Möglichkeiten für eine faire und realistische Darstellung des Islam. Die internationale Recherche ergab denn auch eine grosse Zahl an qualitativ hochstehenden TV-Reportagen und -Dokumentationen zu dieser Thematik. Als kritischer Punkt bei diesem Format ist allerdings festzuhalten, dass damit nur ein eher kleines und bereits interessiertes Publikum erreicht werden kann. Der Vorbehalt der begrenzten Reichweite gilt in noch stärkerem Mass für multimediale Onlineangebote von öffentlich-rechtlichen Sendern.
Fiktionale TV-Formate erscheinen aus unserer Perspektive dagegen besonders geeignet für eine faire, realistische und nicht-moralisierende Darstellung des Islam, die dem Zusammenleben dienlich ist. Als Hauptvorteil ist hier zu erwähnen, dass mit solchen fiktional-unterhaltenden Formaten (wie z. B. der ARD-Soap «Lindenstrasse») auch diejenigen Gesellschaftsgruppen erreicht werden können, die gegenüber dem Islam eine distanzierte oder ablehnende Haltung haben. Eine einseitig-positive Darstellung von Musliminnen und Muslimen ist auch hier nicht empfehlenswert, da sie vom Publikum als zwar gutgemeinte, aber dennoch fragwürdige «Bevormundung» erkannt und abgelehnt wird.
Neben den Hinweisen zur Gestaltung der einzelnen Medienformate wird in der Studie auch ergänzend empfohlen, dass bei der Personalrekrutierung vermehrt Journalistinnen und Journalisten mit einem muslimischen Hintergrund berücksichtigt werden sollen. Diese können im journalistischen Alltag besonders glaubhaft die islamische Kultur vermitteln und Brücken zum Islam bauen.
Fazit
Es ist festzuhalten, dass es keine einfachen und schnellen «Rezepte» für die Umsetzung einer fairen und realistischen Darstellung des Islam im Fernsehen gibt, sondern dass vielfältige Bemühungen in den unterschiedlichen TV-Formaten notwendig sind. Angesichts dieser anspruchsvollen Ausgangslage sollten öffentlich-rechtliche Sender sich bei ihrer Programmgestaltung vermehrt durch eine gewisse Experimentierfreude leiten lassen, welche auch den Mut zum Scheitern mit einschliesst.
Team
Weiterführende Information
Publikationen
Islam-Berichterstattung in den Medien: Von Vorurteilen zu mehr Fairness. In: FH Graubünden-Magazin Wissensplatz (2), S. 18-19.
Forschungsfelder
Beteiligte
Das Projekt wurde vom Schweizerischen Institut für Informationswissenschaft (SII) in Zusammenarbeit mit dem Institut für Multimedia Production (IMP) im Auftrag des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Bern, umgesetzt.